Finanzminister Magnus Brunner bei der Präsentation des Budgets 2023.

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Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würde Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) die Quadratur des Kreises gelingen. Der Staat wird auch im kommenden Jahr spendabel bleiben und wegen der hohen Inflation Privathaushalten aushelfen – mit Steuererleichterungen und der Strompreisbremse. Dazu kommen Steuersenkungen für Unternehmer und die Abschaffung der kalten Progression, also der schleichenden inflationsbedingten Steuererhöhung.

Dennoch wird der Schuldenstand Österreichs, gemessen an der Wirtschaftsleistung, das ist die relevante Kenngröße, deutlich zurückgehen. Der Schuldenstand belief sich noch 2021 auf 82,3 Prozent der Wirtschaftsleistung, nach einem Rückgang heuer und im kommenden Jahr werden es nur noch 78,3 Prozent sein. Auch das Defizit wird kleiner ausfallen.

Warum trotz höherer Ausgaben eine Entschuldung stattfindet? Es hilft, auch wenn dies verrückt klingt, die hohe Inflation. Das zeigt eine am Mittwoch veröffentlichte Analyse des mit der Überwachung der Budgetentwicklung beauftragten Fiskalrats. Aufgrund der Teuerung wird die nominelle Wirtschaftsleistung heuer um elf Prozent höher liegen als vor einem Jahr. 2023 sind es noch einmal plus sechs Prozent. In Relation zu der durch die Inflation aufgeblähten Wirtschaftsleistung sinkt also der Verschuldungsgrad. Hinzu kommt, dass die Inflation dafür sorgte, dass die Einnahmen sofort gestiegen sind, während die Ausgaben zeitverzögert ansteigen werden, erklärt Fiskalrat-Chef Christoph Badelt.

Was ist gemeint? Durch hohe Inflaton sprudeln die Mehreinnahmen des Staates aus Umsatz- und Lohnsteuer, während die Löhne der Staatsbediensteten erst später steigen. Auch die Kosten für Investitionen reagieren 2022 und 2023 kaum, weil viele der staatlichen Bauvorhaben bereits länger vertraglich fixiert waren, sagt Badelt. Daher bringt der in der Bevölkerung wahrgenommene "Inflationsschock" im kommenden Jahr dem Staat Mehreinnahmen von 13,1 Milliarden Euro, aber nur Mehrausgaben in der Höhe von 10,9 Milliarden. Das sohin vom Finanzminister eingestrichene "Körberlgeld" taxieren die Schuldenwächter auf mehr als 2,1 Milliarden Euro.

Doch die Segnungen der Inflation sind von kurzer Dauer. Laut Badelt kehrt sich diese Entwicklung ab 2024 um. Denn dann muss der Staat den bei Löhnen nachlegen, auch bei Investitionen und Sozialausgaben wird die höhere Inflation zu deutlichen Mehrausgaben führen.

Hinzu kommt, dass durch die Steuerreform ab 2023 die Ausgaben des Staates automatisch stärker steigen werden als bisher. Der Grund: die Indexierung von Sozialleistungen wie der Familienbeihilfe, dem Krankengeld oder der Anpassung des Kinderbetreuungsgeldes an die Inflation. Hinzu kommt, dass die kalte Progression abgeschafft wurde, also der Staat diese höheren Ausgaben nicht durch automatisch steigende Einnahmen kompensieren können wird.

Vorbei ist auch die Zeit billigen Geldes. Die Zinslast für Staatsanleihen werde 2023 zum ersten Mal seit der Finanzkrise 2009 von einem Prozent auf 1,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. In den Folgejahren werden die Kosten weiter steigen, wenn der Staat mehr seiner alten Schulden durch neue ersetzen muss. Der günstige Eindruck, der beim Blick auf die Staatsfinanzen entstehe, täusche, sagt Badelt. Die Regierung werde sich früher oder später überlegen müssen, wie sie gegensteuern will: mit höheren Einnahmen oder Ausgabenkürzungen.

Eskalation

Für höhere Einnahmen kämpfen auch die Metaller. Deren Gewerkschaft erhöht vor der ultimativen Verhandlungsrunde heute, Donnerstag, den Druck. Sollte die Metallverarbeitungsindustrie ihr um die energiepreisbedingte Teuerung bereinigtes Angebot von 4,1 Prozent (plus Ebit-abhängige Gewinnprämie) nicht erhöhen, würden ab Montag in ausgewählten Betrieben der gesamten Metallindustrie dreistündige Warnstreiks abgehalten. Das wurde bei einer Betriebsrätekonferenz in St. Pölten beschlossen.

(András Szigetvari, 3.11.2022)