Der Presseclub Concordia lehnt den Regierungsentwurf für die "Wiener Zeitung" zur Gänze ab.

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Der Presseclub Concordia lehnt die Pläne der Bundesregierung für die "Wiener Zeitung" ab. Der Kern des Entwurfs bestehe in der Einrichtung einer staatlich kontrollierten Aus- und Fortbildung von Journalisten sowie der unzulässigen Vermischung von amtlicher PR mit journalistischer Arbeit.

In dem Entwurf werde die Wiener Zeitung zu einem "Aus- und Weiterbildungsmedium" umdefiniert. Vorgesehen dafür sei die Einrichtung eines "Media Hub Austria", der Ausbildungs- und Weiterbildungsprogramme sowie Praxisplätze bereitstelle, um "(angehende) Journalistinnen und Journalisten auf zukünftige Erfordernisse des Medienmarkts vorzubereiten".

Pläne der Regierung mit Unabhängigkeit von Medien "völlig unvereinbar"

Der Presseclub Concordia befürchtet mit dem geplanten "Media Hub Austria" eine "einschneidende Verstaatlichung journalistischer Aus- und Fortbildung". Mit der Unabhängigkeit von Medien sei dies "völlig unvereinbar". Das Volumen von sechs Millionen Euro sei höher als die Budgets aller bestehenden privaten Ausbildungsinitiativen zusammen. Damit werde journalistische Ausbildung "unter die Kontrolle einer GmbH in direkter Weisungslinie des Bundeskanzleramts gebracht", argumentiert der Presseclub: "Künftig könnte der Bundeskanzler der ihm unterstellten Gesellschaft einfach anordnen, was angehende Journalisten zu lernen hätten", erklärt Concordia-Präsident Andreas Koller. "Dieser autokratische Ansatz ist für eine Demokratie völlig unakzeptabel."

Eine dermaßen hoch dotierte würde die gesamte journalistische Aus- und Fortbildung dominieren. Dabei sehe der Gesetzesentwurf nicht einmal den Nachweis von pädagogischer Kompetenz, didaktischen Konzepten, Bedarfsanalysen, wissenschaftlicher Anbindung, Qualitätskontrollen oder Zertifizierungen vor, wie sie bestehende Einrichtungen selbstverständlich erfüllen müssen.

"Massiver staatlicher Eingriff"

Obendrein wäre der "Media Hub Austria" nicht der Rest-Redaktion, sondern direkt der Geschäftsführung der Wiener Zeitung GmbH unterstellt. Die Auszubildenden würden weiters in die sogenannte "Content Agentur Austria" eingebunden, die "Content- und Agenturleistungen für den Bund und Unternehmen des Bundes" erbringt. Daraus entsteht eine mit professionellem Journalismus unvereinbare Vermischung journalistischer Aufgaben mit Kommunikationsarbeit im Interesse des Staates.

"Ein solch massiver staatlicher Eingriff in die journalistische Profession wäre eine demokratiepolitische Katastrophe und widerspricht dem wichtigsten Kriterium für qualitätsvollen und kritischen Journalismus: politischer Unabhängigkeit. Wir halten es für völlig falsch, mitten in der aktuellen Debatte über Medien-Korruption durch frisierte Umfragen und deren gekaufte Veröffentlichung den sensiblen Bereich der Journalismus- und Medienbildung zu einer staatlichen Blackbox umzubauen", so Koller.

Transparente Förderstrukturen

Höhere Budgets für bestehende unabhängige Aus- und Fortbildungseinrichtungen seien grundsätzlich sinnvoll, sagt weiters Daniela Kraus, Generalsekretärin des Presseclubs Concordia. "Dies müsste jedoch nach transparenten Förderstrukturen erfolgen, die der parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Dazu gehören klare Kriterien, eine qualifizierte Fachjury aus Praxis und Wissenschaft." Die laut Gesetzesentwurf mögliche Quersubventionierung anderer Institutionen durch nicht näher definierte Kooperationen mit dem "Media Hub Austria", die keinerlei Transparenz und Kontrolle unterliegen, darf kein Ersatz für die Förderung unabhängiger Aus- und Weiterbildung sein.

Für eine nachhaltige Zukunft der Wiener Zeitung fordert die Concordia weiterhin eine Lösung, die sie als unabhängiges Nachrichtenmediumerhält. Der Gesetzesentwurf verdeutlicht neuerlich, dass die Republik keine Bereitschaft zur weiteren Herausgabe der Wiener Zeitung als Medium mit öffentlich-rechtlichem Charakter zeigt. Der Presseclub Concordia erneuert daher seine Forderung zur Übergabe des Mediums Wiener Zeitung an einen neuen Eigentümer, der bereit ist, den Charakter des Mediums zu erhalten.

Der Gesetzesentwurf solle "schleunigst in einer Schublade verschwinden", sagt Koller. Höchste Zeit sei es hingegen, das Informationsfreiheitsgesetz umzusetzen. "Österreich ist in diesem Bereich das Schlusslicht in der EU", erklärt Koller.

Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf sind bis 30.11.2022 auf der Website des Parlaments möglich. Der Presseclub Concordia ruft alle Kolleginnen, Medienunternehmen, Institutionen und Bürger auf, "vehement gegen diesen Angriff auf die Unabhängigkeit des Journalismus in Österreich zu protestieren".

Architekten appellieren

Ebenfalls gegen die Pläne protestieren die Interessenvertreter für Architektur und Baukultur. In einem offenen Brief an den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler, den Vizekanzler, die Vorsitzenden der Oppositionsparteien und an die Parlamentsklubs weisen sie auf die Bedeutung von unabhängigem Qualitätsjournalismus als vierte Säule der Demokratie. Die Wiener Zeitung käme dieser Aufgabe vorbildlich nach. (red, 3.11.2022)