Thomas Schmid (links) mit seinem Anwalt Roland Kier nach dem U-Ausschuss.

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Die Freude war wahrlich eine große. "So viel war schon lange nicht mehr im U-Ausschuss los", stellten nicht wenige Abgeordnete vor Beginn der Befragung am Donnerstag fest. Und tatsächlich: In den vergangenen Wochen und Monaten hatte das Interesse am U-Ausschuss abgenommen. Die Neos besiegelten das schließlich sogar mit der Ankündigung, diesen nicht verlängern zu wollen – sehr zum Unmut von SPÖ und FPÖ. Bis heute – aber dazu später mehr.

Denn nun hatte es eine Person geschafft, das Interesse neu zu entfachen: Thomas Schmid. Die Fraktionen im U-Ausschuss setzten seit langer Zeit alle Hebel in Bewegung, um die Schlüsselfigur sämtlicher publik gewordener ÖVP-Affären in den Ausschuss zu bekommen. Schmid drohte sogar eine polizeiliche Vorführung.

Video: Thomas Schmid auf dem Weg zum U-Ausschuss
DER STANDARD

Kurz vor neun Uhr war es dann so weit: Der Aufmarsch war so gewaltig, dass sogar einzelne Abgeordnete wie Franz Hörl aus den Fenstern ihrer Büros hinausschauten. Begleitet von Parlamentsmitarbeitern, seinem Anwalt Roland Kier und dutzenden Medienvertretern traf Thomas Schmid Donnerstagfrüh im Ausweichquartier des Parlaments zu seiner Aussage vor dem ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss ein.

Großer Aufmarsch

Das massive Interesse an seiner Person ist logisch: Nach seinem Rücktritt als Öbag-Chef im Juni 2021 war der früher so kommunikative Ex-Generalsekretär im Finanzministerium nahezu verschwunden. Er zog ins Ausland, für Mediengespräche war er spätestens seit den ersten publik gewordenen Chats ohnehin nicht verfügbar. Auch vor den Ermittlern der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) schwieg Schmid lange.

Dass er dann plötzlich als potenzieller Kronzeuge auftauchte, der seine früheren Parteikollegen schwer belastete, machte ihn für Medien und Opposition nur umso interessanter.

Um 9.15 Uhr passierte es schließlich: Schmid marschierte, ohne ein Wort an die wartenden Medienvertreter zu verlieren, in den Befragungsraum des U-Ausschusses. Die große Vorfreude sollte rasch enttäuscht werden. Schon in seinem Eingangsstatement machte Schmid klar, dass er keine Fragen beantworten würde.

Keine einzige Antwort

Der einstige Generalsekretär im Finanzministerium wirkte nervös und blickte während seines Eingangsstatements, das er abgelesen hatte, kaum in Richtung der Abgeordneten auf. Erst später traute er sich, ohne abzulesen, seine immer gleiche Antwort auf ihm gestellte Fragen zu wiederholen: nämlich die, dass er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch mache und deshalb keine Fragen beantworte. Es war ein unwürdiges Schauspiel, das Beobachter an diesem Tag im U-Ausschuss zu sehen bekamen – Schmid drohen nun mehrfach Beugestrafen; darüber wird ein Gericht entscheiden.

Die FPÖ sprach demzufolge auch von einem der "schwärzesten Tage des Parlamentarismus", die ÖVP zeigte sich "sehr, sehr unzufrieden" mit Justizministerin Alma Zadić (Grüne). Doch die Befragung von Schmid – oder, besser gesagt, deren Versuch – dürfte eine Fortsetzung erhalten: Die SPÖ kündigte an, Schmid noch einmal laden zu wollen. Und die Neos gaben überraschend bekannt, dafür sogar doch einer Verlängerung des U-Ausschusses zustimmen zu wollen.

Und warum war Schmid dann überhaupt erschienen? Ihm drohte ja schon die polizeiliche Vorführung, auch die WKStA drängte darauf, dass Schmid die Ladung wahrnehme. "Das Ansinnen einzelner parteilich agierender Mitglieder des Untersuchungsausschusses, durch Nebelgranaten eine objektive Wahrheitsfindung zu torpedieren und – einzigartig in der Zweiten Republik – einen Konsultationsmechanismus zum Schutz der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsarbeit abzulehnen, wird damit in der rechtsstaatlich gebotenen Weise entgegengetreten", begründete Schmids Anwalt Roland Kier in einer Aussendung das Verhalten seines Mandanten. (Fabian Schmid, Sandra Schieder, Renate Graber, 3.11.2022)