"Rewind AI" verspricht selbst Videokonferenzen durchsuchen zu können.

Grafik: Rewind AI

Es klingt nach einem Stück Totalüberwachung – aber auch nach einem, dessen potenzielle Nützlichkeit nicht vollständig von der Hand zu weisen ist. Der Softwarehersteller Rewind AI hat eine neue Software vorgestellt, die sämtliche Aktivitäten der Nutzer haarklein aufzeichnen soll – um dann mittels "Zurückspul"-Funktion später nachsehen zu können, was man da eigentlich im Detail getrieben hat.

Basis

Die wie die Firma – also "Rewind AI" – benannte Software wurde für Macs mit Apple Silicon entwickelt, den ARM-basierten Prozessoren von Apple selbst. Ein relativ aktueller Mac ist also Voraussetzung. Die Idee dahinter ist es, eine Art "perfektes Gedächtnis" für Computeraktivitäten zu bieten, wie es der Hersteller formuliert. Also in Situationen zu helfen, in denen man sich nicht mehr exakt erinnern kann, was man selbst getan oder auch andere gesagt haben.

Damit das nicht nur ein sinnloser Datenwust wird, werden sämtliche Inhalte automatisch indiziert, womit sie dann durchsuchbar sind. Und das gilt nicht nur für Text, sondern auch für andere Inhalte. So soll die Software gar in Zoom-Meetings Gesprochenes durchforsten können.

Demo

Wie das in der Praxis aussieht, demonstriert der Softwarehersteller in einer Videodemonstration. Über die Tastenkombination Command + Shift + Space wird ein simples Suchfenster aufgerufen, das Ganze erinnert somit auch optisch an eine mächtigere Variante bekannter Desktop-Such-Apps. Parallel dazu wird eine Zeitlinie angezeigt, über die die Nutzung einzelner Programme repräsentiert wird. In dem Demo ist zu sehen, wie ein Suchbegriff Ergebnisse aus Mails, Textnachrichten, Slack-Konversationen, aber eben auch Zoom-Chats liefert.

Eine Videodemonstration zeigt, wie "Rewind AI" funktionieren soll.
Rewind

Technischer Hintergrund

Selbst wer mit dieser Form der Totalüberwachung der eigenen Aktivitäten kein grundlegendes Problem hat, wird sich wohl fragen, wie die dafür notwendigen riesigen Datenmengen gespeichert werden – und wo. Laut Rewind AI werden sämtliche Daten ausschließlich lokal am Rechner abgelagert und zwar mit einer neuen, äußerst effizienten Form der Kompression. Die Daten sollen um bis zu einen Faktor von 3.750 gepackt werden – und das ohne großen Qualitätsverlust. Dadurch sei es dann möglich, "Jahre an Aufzeichnungen" auf dem lokalen Datenspeicher abzulegen.

Wer sich wundert, wie solche Kompressionsraten möglich sein sollen: Das Unternehmen liefert dazu zwar keine Details, das Video gibt aber einige Hinweise. So sind darin keine durchgängigen Videoclips der Aktivitäten zu sehen, sondern mit Markierungen versehene Screenshots. Zudem verrät man, dass die Inhalte direkt in Echtzeit ausgewertet werden, also etwa Texte über OCR-Erkennung oder auch Gesprochenes mithilfe von Spracherkennung. Ein entsprechendes Transkript in Kombination mit passenden Screenshots ist natürlich erheblich platzsparender als ein Video des gesamten Ablaufs.

Prompte Kritik

Auf die Vorstellung von "Rewind AI" folgte allerdings rasch die Kritik. Immerhin ist das "perfekte Gedächtnis" der einen der Überwachungsalbtraum der anderen. So strichen Kommentatoren auf Twitter und Youtube umgehend das hohe Missbrauchspotenzial heraus. Unternehmen könnten die Software etwa zum Ausspionieren ihrer Mitarbeiter verwenden, auch jene, die ihre Partner überwachen wollen, bekämen damit ein mächtiges Tool an die Hand, so oftmals erhobene Warnungen.

Von Behörden und Geheimdiensten gar nicht zu reden, die damit potenziell einen perfekten Einblick in die Aktivitäten einer Zielperson bekommen – und zwar eben über Jahre zurück. Dazu kommt, dass es dabei nicht bloß um die eigene Privatsphäre geht, immerhin werden dabei ja auch Konversationen mit anderen erfasst, was auch rechtlich in vielen Ländern problematisch ist.

Zustimmung?

Rewind AI verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Daten – wie erwähnt – ohnehin nur lokal gespeichert werden. Zudem rät man allen Nutzern dazu, sich die Zustimmung aller Betroffenen zu holen. Ob das realistisch ist, ist natürlich eine ganz andere Frage.

Interesse

Wie gut das Ganze in der Praxis klappt, lässt sich derzeit allerdings noch nicht sagen, ist die Software doch noch gar nicht öffentlich verfügbar. Allerdings ist es möglich, sich für ein Testprogramm anzumelden, das bald geöffnet werden soll.

Klingt also alles noch eher vage, trotzdem hat Rewind AI bereits prominente Finanziers gefunden. Die Risikokapitalfirma Andreessen Horowitz hat die Entwicklung mit zehn Millionen US-Dollar finanziert, und das bei einer Bewertung von 75 Millionen US-Dollar für das dahinterstehende Start-up. (Andreas Proschofsky, 3.11.2022)