"Wann ist ein Mann ein Mann?", wollte Herbert Grönemeyer 1984 in seinem Song "Männer" wissen – eine Frage, die auch 38 Jahre später noch einigen Raum für gesellschaftspolitische Diskussionen bietet. Dass man als Mann nicht unentwegt nach außen hin den Starken geben muss, sondern auch Gefühle zeigen darf, hat sich inzwischen herumgesprochen. Doch der Topos vom Mann, der immer funktionieren muss, niemals bei irgendetwas Hilfe braucht und im Job jederzeit zu performen hat, hält sich immer noch hartnäckig und ist nicht totzukriegen.

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Ist es für Sie in Ordnung, als Mann Hilfe zu brauchen?
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Männer: Stumm leiden, statt um Hilfe zu bitten

Schon wenn sie sich nur ohne Navi und Smartphone mit dem Auto verfahren, suchen viele Männer lieber lange Zeit alleine weiter, als andere nach dem Weg zu fragen. Und die Ergebnisse aktueller Umfragen in Sachen Männergesundheit und Psychotherapie zeichnen noch weitaus alarmierendere Bilder: Sie belegen, dass ein Großteil der Männer nach außen hin vorgibt, dass es ihnen gutgehe und sie alles im Griff hätten – während sie in Wahrheit im Stillen leiden und auch dringend benötigte Hilfe für sich nicht in Anspruch nehmen. Suchtkrankheiten und Suizidgefährdung sind bei Männern erheblich höher als bei Frauen. Menschen, die Psychotherapie machen, sind zu zwei Dritteln Frauen. Männer gehen Experten zufolge weniger, seltener und vor allem viel später in Therapie.

Warum sind psychische Probleme im Jahr 2022 immer noch mit einem solchen Stigma behaftet, das es vor allem Männern offenbar schwermacht, sich die notwendige Unterstützung im Kampf gegen ein Leiden zu holen, das jeden Menschen treffen kann? Vermutlich fehlt es vielen schlichtweg an der Sprache dafür, auszudrücken, dass es ihnen nicht gutgeht – über Gefühle zu reden hat so mancher als Bub nie gelernt und sich als Mann auch nicht angeeignet. Man schämt sich vielleicht, nicht allein zurechtzukommen und vor anderen Schwäche zu zeigen.

Nicht selten verdrängen Männer gewohnheitsmäßig, was sie quält, und fressen alles in sich hinein – bis es gar nicht mehr geht. Werden die mentale Überlastung und der Druck immer größer, können Panikattacken, Zusammenbrüche und Burnout die Folge sein. Die Hoffnung auf Verbesserung liegt auf den Schultern heute heranwachsender Buben und Burschen, die anders sozialisiert werden als vorherige Generationen und dadurch mit toxischen Männlichkeitsbildern brechen können. Doch was brauchen deren Väter und Großväter, um sich in jeder Lage Hilfe holen zu können, ohne sich dafür schämen zu müssen?

Wie ist das bei Ihnen?

Schaffen Sie es als Mann, in Alltagssituationen andere um Hilfe zu bitten? Haben Sie schon psychische Probleme erlebt – und haben Sie sich Unterstützung geholt? Haben Sie als Mann das Gefühl, immer stark sein zu müssen? Können Sie auch über vermeintliche Schwächen offen reden – und bei sich selbst akzeptieren, auch einmal nicht alles im Griff zu haben? Berichten Sie im Forum! (Daniela Herger, 7.11.2022)