Der Spätherbst ist die Zeit der Fischernte im Waldviertel, und damit jene Zeit, in der ein ganzer Schwung frischer Fische auf den Märkten landet. Vergangene Woche hatte ich das große Vergnügen, bei einem solchen Abfischen am Haslauer Teich dabei zu sein.

Der Haslauerteich ist ein stolzer, 500 Jahre alter Teich aus der Hochzeit der Waldviertler Fischzucht und aktuell die Heimat der Fische von Mark Mössmer und seiner Firma Biofisch. (Mehr zum Haslauerteich im Besonderen und der Jahrtausendealten Kultur des Karpfenzüchtens im Allgemeinen steht dann in meinem kommenden Fischkochbuch mit dem Lukas Nagl).

Foto: Tobias Müller

An einem wunderschönen Oktobermorgen hat das Team vom Biofisch sie alle aus dem Teich geholt, sortiert, und die schlachtreifen Fische mitgenommen. Der Herr Mössmer war so nett, mir einen Fischkorb mitzugeben: zwei kleine Karpfen, einen Welskopf ("da ist noch ordentlich was dran") und, auf meine Bitte, eine Karausche.

Foto: Tobias Müller

Der bin ich während der Fischbuch-Recherche nämlich öfter begegnet. In der freien Wildbahn ist sie sehr selten und streng geschützt, der Herr Mössmer aber züchtet sie. Sie wird als der bessere Karpfen gehandelt. Die Chinesen, die viel von Karpfenfischen verstehen, lieben sie, und angeblich ist auch der Heinz Reitbauer vom Steirereck sehr von ihr angetan. Meine Wartungen waren entsprechend hoch.

In den folgenden Tagen habe ich mit wechselnden Mitköchen und -essern mehrere Fischfeste gefeiert. Wir haben Fischbeuschlsuppe gekocht (aus zwei kleinen Karpfen, leicht genug für sechs) und aus dem Welskopf ein wunderbares Fischkopfcurry gemacht, was meine alte Liebe zum Wels wieder erneuert hat (auch wenn an einem Welskopf dann doch weniger dran ist, als seine Größe vermuten lässt), die Karausche im Rohr gebraten und den Karpfen ganz klassisch gebacken.

Foto: Tobias Müller

Ich habe das bisher noch nie zu Hause gemacht, aus unbegründeter Sorge, dass es nicht gelingen und mich der Karpfen überfordern würde. Sollte es Ihnen genauso gehen: Sorgen Sie sich nicht. Es ist keine Kunst, einen Karpfen zu backen, und das Ergebnis ist höchst befriedigend!

Die abgefischten Fische des Herrn Mössmer leben jetzt übrigens in kleineren Teichen im Waldviertel, wo sie bei Bedarf leicht herausgeholt, nach Wien gebracht und hier kurz vor dem Verkauf geschlachtet werden. Wer bestellen will: Ich empfehle neben Karpfen und Karausche vor allem die köstliche Schleie, die noch dazu umwerfend gut aussieht!

Foto: Tobias Müller

Grundsätzliches zum Karpfenfisch

Karpfen sind ein wenig hitzeempfindlich: sie übergaren leicht, was ihrer Konsistenz nicht gut tut. Das klassische Panieren und Herausbacken ist daher die deppensicherste Methode der Zubereitung: wenn alles gut geht, wird der Fisch sanft in seiner Bröselkruse im eigenen Saft gedämpft und wird ganz wunderbar.

Wie alle Weißfische (und eine Reihe anderer Fische) haben auch Karpfen Y-Gräten, die manche Menschen beim Essen stören. Das Problem lässt sich aber mit dem Schröpfen ziemlich gut in den Griff bekommen: das Filet wird meist auf der Fleischseite alle paar Millimeter bis knapp unter die Haut eingeschnitten – das zerteilt die Gräten und macht sie weniger störend. Zitronensaft, auf die geschröpfte Seite getröpfelt, macht die verbleibenden Gräten dann noch einmal extra weich. Achtung: Das Filet wird vom Zitronensaft wie Ceviche gegart, Sie sollten es daher erst kurz vor dem Kochen säuern.

Wenn Sie Ihre Fische außerdem vom Herrn Mössmer oder einem anderen guten Karpfenzüchter bekommen, dann werden sie sehr frisch, ungewaschen, und daher von einer ordentlichen Schleimschicht überzogen sein. Das ist gut so, weil sie die Fische vor unerwünschten Bakterien schützt und dafür sorgt, dass sie länger frisch bleiben – ich hatte meinen Welskopf vier Tage im Kühlschrank und er war tadellos. Außerdem verfärbt sich diese Schicht spektakulär blau, wenn die Fische gekocht werden (bekannt aus dem berühmten Gericht Forelle Blau.)

Die Schleimschicht macht allerdings zugegeben das Zerlegen nicht einfacher. Wenn Sie keine Übung und Lust auf eine Herausforderung haben, bitten Sie lieber den Fischhändler, dass für Sie zu tun.

Und fürchten Sie sich nicht vor Grundelgeschmack: der hat überhaupt nix mit dem Karpfen zu tun, sondern kommt von bestimmten Bakterien, die in manchen Teichen leben, und befällt Forellen und Saiblinge genauso wie Karpfen. Beim Herrn Mössmer und anderen motivierten Fischzüchtern gibt es die nicht.

Karausche al Forno...

Wir haben unsere Karausche im Rohr gebacken. Das war (und wird) nicht meine erste Wahl der Zubereitung, allerdings war sie bereits von außen geschröpft, wir konnten sie daher nicht mehr filetieren, und zum Frittieren im Ganzen – wahrscheinlich die perfekte Zubereitung – war sie mir in einer Haushaltsküche dann doch ein wenig zu groß mit ihren 1,5 Kilo.

Foto: Tobias Müller

Wir haben ihr also die gleiche Behandlung verpasst, die ich ganzen Meeresfischen gern angedeihen lasse: Gut salzen, Backrohr voll aufdrehen (so 250 Grad) und pro Kilo etwa 10 bis 15 Minuten backen. Wegen der Gräten habe ich sie, siehe oben, auch noch ordentlich zitroniert. Dazu haben wir Gurkengemüse serviert, und zum am Teller Drüberstreuen ordentlich Zwiebel, Knoblauch und Speck angebraten, weil Karpfenfische starke Aromen vertragen.

Ganz generell hat das gut funktioniert. Die Karausche hatte einen kräftigen, angenehmen Fischgeschmack, mit einer ausgeprägten Süße, die mir so noch nicht untergekommen ist – ganz ihrem Ruf entsprechend ähnlich, aber aufregender als der klassische Karpfen. Sogar ihre Haut ist im Rohr teilweise knusprig geworden.

Allerdings ist sie uns im Roh etwas übergart – ihr Bauch war wunderbar, aber am Rücken war sie daher freundlich gesagt löffelweich, kritischer formuliert etwas breiig. Der knusprige Speck hat's teilweise wieder gut gemacht.

Foto: Tobias Müller

...und gebackener Karpfen

Ich habe meinen Karpfen sehr klassisch zubereitet, abgesehen davon, dass ich ihn vor dem Panieren mit Senf eingepinselt habe – ich bilde mir ein, der Lukas Nagl hat mir einmal diesen Tipp gegeben. Das hat großartig funktioniert: die an sich hitzeempfindlichen Senfaromen waren auch nach dem Backen noch deutlich schmeckbar – ich nehme an, weil der Senf ordentlich in die Schröpfschnitte geronnen ist.

Für zwei Esser brauchen Sie:

  • Einen schönen Karpfen, so 1,5kg schwer, weil dann die Filets eine ziemlich gute Dicke zum Backen haben.
  • Mehl, Brösel, und ein bis zwei Eier zum Panieren
  • Dijonsenf zum Einpinseln
  • Butterschmalz oder Ghee zum Herausbacken, mindestens 100g
  • Salz und Zitronensaft

Zunächst den Karpfen filetieren und dann schröpfen – auf Wunsch erledigt das auch der Fischhändler für Sie aber es ist wirklich nicht schwer. Nach ein bisschen Erfahrung kaufe ich meine Fische nur mehr im Ganzen, weil ich sie dann nach Wunsch zuputzen und behandeln kann und ganz sicher auch die Innereien bekomme. Nur das Schuppen lagere ich definitiv aus.

Foto: Tobias Müller

So zehn, fünfzehn Minuten vor dem dem Backen die Karpfenfilets halbieren, sodass zwei Teile entstehen, das vordere etwas dicker, das hintere etwas dünner – das macht das Handling und das gleichmäßige Garen leichter. Ordentlich salzen und auf der geschröpften Seite mit Zitronensaft beträufeln, um die Gräten zu erweichen. Gut einmassieren.

Das Backrohr auf 100 Grad vorheizen. Mehl und Brösel auf zwei Teller geben und die Eier in einer Schüssel verquirlen.

Das Fett in einer tiefen, nicht zu großen Pfanne heiß werden lassen – es soll mindestens einen ordentlich Finger tief darin stehen. (Ich habe meine neue Aluminium-Pastapfanne benutzt, meine neue Lieblingspfanne, demnächst vielleicht einmal mehr dazu.)


Foto: Tobias Müller

Die Filets etwas trockentupfen und auf beiden Seiten mit Senf einpinseln. Erst ins Mehl tauchen, dann in die Eier und schließlich in den Brösel wälzen. Ich versuche beim Panieren immer ab der Eierschüssel nur mit einer Hand und einer Gabel zu arbeiten, weil die benutzten Finger unweigerlich mit paniert werden, und ich so zumindest noch eine Hand für etwaige andere Tätigkeiten wie Hitze beim Fett runterdrehen oder zum Angreifen der unpanierten Filets habe.

Foto: Tobias Müller

Mit den zwei dicken Filetstücken beginnen und sie gleichzeitig ins Fett gleiten lassen. Unter gelegentlichem Schütteln auf beiden Seiten schön goldbraun backen. Aus dem Fett heben, gut abtropfen lassen und auf einem Gitter im Backrohr zwischenlagern. Währenddessen die dünnen Stücke backen. Sie brauchen weniger Zeit, sollten aber auch schneller bräunen, weil das Fett jetzt schon benutzt ist.

Ebenfalls gut abtropfen, kurz am Gitter rasten lassen und umgehend servieren, etwa mit einem klassischen Gurken-Rahm. (Tobias Müller, 6.11.2022)