Vielleicht ist Zoran Barisic gegen den LASK zum letzten Mal in einem Heimspiel Trainer von Rapid. Am 26. November weiß man mehr.

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Der Trainingsanzug sitzt. Obwohl er nicht maßgeschneidert ist. Zoran Barisic fühlt sich darin wohl, die Bewegungsfreiheit ist nicht eingeschränkt. Es ist zwar nicht so, dass der 52-Jährige in seiner zweiten Funktion als Sportgeschäftsführer wie ein Christbaum aufgeputzt sein muss, in Rapids Statuten steht kein Wort von Hemden- oder gar Krawattenzwang. Aber ja, Barisic mag das Legere.

Am 15. Oktober haben sich die Hütteldorfer von Ferdinand Feldhofer getrennt, das übrigens unverdiente 0:1 in Ried war eine Niederlage zu viel. Barisic zog nach Absprache mit dem Präsidium die berühmte Reißleine, mangels Alternative und aufgrund des Zeitdrucks bestellte er sich selbst zum interimistischen Nachfolger. Es lief gut an, das 4:1 im Cup bei der WSG Tirol war eindeutig ein Erfolg. Das 0:1 daheim gegen die Klagenfurter Austria hätte natürlich nicht sein müssen, die Erbärmlichkeit in der ersten halben Stunde ließ Barisic ratlos zurück. Es folgten ein 5:1 gegen Hartberg und ein spektakuläres 3:3 in Lustenau, Rapids Ausgleich fiel erst in der 100. Minute. Der Punkteverlust war wenigstens ein emotionaler Erfolg. Platz sieben ist allerdings an Bescheidenheit kaum zu unterbieten. Barisic genießt die Arbeit auf dem Platz. Die Spieler schätzen seine Art, seine Empathie, seine Kommunikationsgabe, seinen Zugang. "Ich will einen offensiven Fußball und viele Tore sehen. Fußball ist Unterhaltung. Man soll halt ein Tor mehr als der Gegner schießen."

Priorität

Am 26. November wird Alexander Wrabetz bei der Mitgliederversammlung zum neuen Präsidenten gewählt. Bis dahin, sagt Barisic, "ist alles in Schwebe". Seine Zukunft ist völlig offen, über Personalien hat sich Ex-ORF-General Wrabetz noch nicht geäußert. Priorität genießt die Installierung eines neuen Wirtschaftsgeschäftsführers, Christoph Peschek ist bekanntlich Geschichte. Barisic ist (noch) Gegenwart. Er selbst muss sich deklarieren, beide Funktionen gehen nicht, es ist ein Entweder-oder. Nach und vor dem Training sitzt er im Büro hinterm Schreibtisch. Es ist ein Vakuum, als Sportverantwortlicher würde er gerne die Verträge mit Leopold Querfeld und Tormann Niklas Hedl verlängern. Aber es gibt niemanden, mit dem er sich abstimmen kann. Als Trainer ist er dafür.

Die verrückte WM in Katar ist eine Art Glücksfall für Rapid. Am 12. November, nach dem Auswärtsspiel in Hartberg, wird die Liga unterbrochen. Für drei Monate. Die Spieler werden acht Tage auf Urlaub geschickt, danach wird trainiert, das eine oder andere Testmatch ist geplant. Ab Mitte Dezember ist wieder frei, am Dreikönigstag beginnt die intensive Vorbereitung aufs Frühjahr. Mit oder ohne Barisic. "Ich lebe in der Gegenwart", sagt er. Und in dieser steckt er im Dilemma. Als Sportchef müsste er seinen eigenen Nachfolger zumindest sondieren, "aber vielleicht will ich mich ja gar nicht selbst ersetzen".

Interpretation

Die Interpretation, dass er seine Zukunft eher als Trainer sieht, ist zumindest nicht völlig absurd. "Es macht Spaß, mit den Jungen zu arbeiten, zu sehen, wie sie sich entwickeln." Jedenfalls spricht Barisic gerne über den Sonntag, das Heimspiel gegen den LASK. Knapp 20.000 Zuschauer werden erwartet, Anpfiff ist um 17 Uhr. "Ein unangenehmer Gegner mit hoher Qualität. Die Vorfreude ist groß. Wir müssen und werden bereit sein." Trainer des LASK ist bekanntlich Didi Kühbauer, der wurde im November 2021 bei Rapid entlassen. Eine zusätzliche Brisanz streitet Barisic ab. "Es ist Rapid gegen LASK, nicht Barisic gegen Kühbauer. Er ist ein toller Trainer und Mensch." In dieser Saison siegte Kühbauer in Pasching toll mit 2:1, wobei Barisic nur Sportgeschäftsführer war.

Es ist auch ein Duell zweier Torjäger. Rapid hat den 33-jährigen Rückkehrer Guido Burgstaller anzubieten, der in den vergangenen zwei Partien fünfmal genetzt hat und bei neun Treffern hält. Der LASK kontert mit Marin Ljubicic, der hat ebenfalls alle neune. Der 20-jährige Kroate war übrigens im Sommer auch in Hütteldorf ein Thema. Barisic: "Wir haben uns aber für Burgstaller entschieden. Er vergab zunächst Chancen, nun ist er ein Faktor vor dem Tor. Ich hatt keine Zweifel." Kühbauer erwartet "eine energische Rapid, darauf sind wir aber vorbereitet".

Es könnte das letzte Heimspiel für Barisic sein. Er kann personell aus dem Vollen schöpfen. "Ich habe die Qual der Wahl." Die wichtige, richtungweisende Wahl findet dann am 26. November ebenfalls im Allianz-Stadion statt. Ob sie für Barisic in einer Qual endet, entscheiden Wrabetz und sein Präsidium.

Gegen den LASK wird Zoran Barisic natürlich einen Trainingsanzug tragen. Weil es bequemer ist. (Christian Hackl, 5.11.2022)

SK Rapid Wien – LASK (Wien, Allianz Stadion, Sonntag, 17.00 Uhr, SR Kijas). Bisheriges Saisonergebnis: 1:2 (a). 2021/22: 1:1 (a), 3:2 (h)

Rapid: Hedl – Koscelnik, Querfeld, Dibon, Auer – Greil, Pejic – Kühn, Druijf, Grüll – Burgstaller

Es fehlen: Hofmann (Hüft-OP), Sattlberger (Kreuzbandreinriss), Petrovic, Schuster (beide rekonvaleszent)

LASK: Schlager – Stojkovic, Ziereis, Luckeneder, Renner – B. Jovicic, Michorl – Horvath, Zulj, Nakamura – Ljubicic

Es fehlen: Boller, Letard, Wiesinger, Anselm, Twardzik (alle verletzt)