Bisher vertritt Kiew eine harte Linie: keine Verhandlungen.

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Die EU-Kommission dämpft Erwartungen des offiziellen Beitrittskandidaten Ukraine an eine baldige Aufnahme in die Staatengemeinschaft. "Angesichts der umfangreichen Arbeiten, die zur Vorbereitung der Teilnahme am EU-Binnenmarkt und an vielen anderen wichtigen Politikbereichen erforderlich sind, werden die gesamten Beitrittsvorbereitungen höchstwahrscheinlich länger als ein oder zwei Jahre dauern", teilte EU-Erweiterungskommissar Oliver Varhelyi der "Welt" mit.

Die ukrainische Europaministerin Olha Stefanischyna hingegen drängt der Zeitung zufolge auf ein beschleunigtes Verfahren. "Unsere Nachbarländer und die Balten, Länder, die zu unseren größten Unterstützern zählen, haben schon signalisiert, dass ein schneller Beitritt möglich ist", wird Stefanischyna zitiert.

USA bitten Ukraine, für Gespräche offen zu sein

Während sich wenig in Sachen EU-Beitrittsverhandlungen tut, gerät offenbar Bewegung in mögliche Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine. Es ist nicht die offizielle Linie der US-Regierung, doch hinter den Kulissen soll Washington den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gebeten haben, ein gewisses Maß an Verhandlungsbereitschaft mit Russland zu zeigen – das berichtete am Wochenende die für gewöhnlich exzellent informierte Washington Post.

Die Initiative namentlich nicht genannter hoher US-Beamter ziele demnach nicht darauf ab, die Ukraine an den Verhandlungstisch zu drängen, wurde der Zeitung versichert. Vielmehr handle es sich um einen wohlkalkulierten Versuch, der Regierung in Kiew die Unterstützung anderer Nationen zu sichern, die sich bisher wenig eindeutig oder gar nicht hinsichtlich des Angriffskrieges Russlands positioniert haben.

Kiews harte Linie

Bisher vertritt Kiew eine harte Linie: keine Verhandlungen – und schon gar keine Friedensgespräche – mit Russland, solange Präsident Wladimir Putin im Kreml an der Macht ist. Diese Position gelte auch für den Fall, dass der Konflikt noch mehrere Jahre weitergehe.

Prinzipiell bleiben die USA bei der Versicherung ihrer unverbrüchlichen Solidarität mit der Ukraine – auch wenn der ukrainische Präsident bisher keine Veranlassung dazu sieht, seine Position zu ändern: Russland schicke zehn- oder hunderttausende Menschen in den Kampf; wer verhandeln wolle, lasse die Menschen aber nicht im "Fleischwolf" sterben, sagte Selenskyj am Freitagabend in einer Videobotschaft.

Angriffe im Süden

Kaum verändert präsentierte sich die Lage am Kriegsschauplatz selbst. Mehrere Städte im Süden der Ukraine wurden in der Nacht auf Sonntag von Russlands Artillerie und Raketen getroffen. Nach russischer Darstellung wurde indes der Damm des Kachowka-Stausees in Cherson durch ukrainischen Beschuss beschädigt.

Der Iran hat erstmals Drohnenlieferungen an Russland eingeräumt. Außenminister Hussein Amirabdollahian sagte am Samstag, man habe Russland vor dem Krieg eine begrenzte Anzahl von Drohnen zur Verfügung gestellt; weitere Waffenlieferungen nach Kriegsbeginn dementierte er aber. Selenskyj zieh Teheran umgehend der Lüge. (Gianluca Wallisch, red, 7.11.2022)