Der Dorfgockel repräsentiert das Motto des Internetmagazins: "In jedem Dorf kräht ein Gockel."

Foto: Dorfzeitung/Sandra Reichl

Aktuelle Dorfpost – diese Betreffzeile finden Woche für Woche jeden Montag an die tausend Menschen in ihrem Mailfach. Das bedeutet, die neue Ausgabe der Dorfzeitung ist da. Seit über zwei Jahrzehnten gibt der inzwischen pensionierte Tierarzt Karl Traintinger (66), vormals im Flachgauer Lamprechtshausen, heute in der Stadt Salzburg, das Internetmagazin Dorfzeitung heraus und fungiert auch als Chefredakteur. An die 10.000 Unique Clients mit 30.000 Seitenaufrufen zähle er monatlich, sagt Traintiner im Gespräch mit dem STANDARD.

Regelmäßig ist die Zeitung auch im Dorfradio präsent, das von Traintinger und Gattin Elisabeth auf der Frequenz der Salzburger Radiofabrik gesendet wird. Den Lesern und Leserinnen bietet die Dorfzeitung ein buntes Sammelsurium an Beiträgen, Kommentaren, Rezensionen, Fotos – mehrheitlich mit dem Schwerpunkt Kunst und Kultur im Raum Salzburg und Umgebung. Darunter viele Themen, die in professionellen Medien oft an Platz- und Ressourcenmangel scheitern wie etwa eine ganze Serie über Trinkwasserbrunnen als Kulturdenkmäler.

"Dorf ist überall"

Wobei sich das Internetmagazin nicht auf eine Region beschränken lassen will: "Dorf ist überall, wo sich Gemeinschaft verdichtet", sagt Traintinger programmatisch und verweist auf Beiträge eines ehemaligen Entwicklungshelfers aus Brasilien. Es gebe vieles, das in allen Gemeinden ähnlich oder gleich funktioniere, daher auch der Hahn als Logo: "In jedem Dorf kräht ein Gockel", erläutert Traintinger das Wappentier.

Das Projekt kommt ohne Werbung aus und funktioniert nichtkommerziell unter anderem deshalb, weil die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kein Honorar erhalten. Und auch wenn Traintinger viele Beiträge selbst gestaltet, so findet sich in der Dorfzeitung doch der eine oder andere prominente Namen. So etwa der Leiter des Literaturhauses Salzburg, Tomas Friedmann, oder der Schriftsteller Ludwig Laher.

Apropos nichtkommerziell: In den kommenden Monaten will Traintinger beginnen, einige Beiträge hinter einer Paywall zu platzieren – seit Pensionsantritt müsse er strenger kalkulieren, sagt er. Immerhin koste ihn das Magazin doch ein paar Tausender im Jahr.

Publizistische Vergangenheit

Die politische Vergangenheit des umtriebigen Veterinärs erkennt man in der Dorfzeitung jedenfalls nicht. Traintinger war einst auch ÖVP-Gemeindevertreter in Lamprechtshausen und sogar kurz als Salzburger Agrarlandesrat im Gespräch. Heute beantwortet er die Frage, was inhaltlich in der Dorfzeitung keinen Platz habe, knapp mit: "Alles, was rechts ist." Wohl aber sieht man die publizistische Vergangenheit: Diese reicht weit in seine Studienzeit zurück, als er nebenbei für ein niederösterreichisches Lokalblatt arbeitete. Sein größter Coup damals: ein Interview mit dem seinerzeit noch wenig bekannten Hermann Nitsch. (Thomas Neuhold, 8.11.2022)