Nach Tagen unter einer grauen Herbstnebeldecke in Wien könnte man beim Videointerview neidisch werden. Ursula Schersch sitzt im ärmellosen Sommerkleid vor der Kamera, gute 15.000 Kilometer entfernt, und spricht über ihr neues Kochbuch "Taste of Travel". Es ist nach "Die Welt im Einmachglas" bereits ihr zweites.

Bis Mitte 20 war das Kochen gar kein Thema, erzählt sie. Ihr Interesse wurde durchs Reisen geweckt: "Ich wollte mir die kulinarischen Entdeckungen heimholen, sie auch zu Hause essen. Man wohnt ja nicht immer mit einem vietnamesischen Lokal ums Eck." Aus diesem Grund enthalten ihre Rezepte nicht zig exotische Zutaten, die man nur in Spezialgeschäften bekommt, sondern oft wird sogar Regionales empfohlen, oder es gibt Tipps, wodurch man manches ersetzen könnte. Klar sei bei so einer Herangehensweise viel "Trial and Error", aber – schmunzelt die Autodidaktin – "vielleicht kommt daher mein Hang zum exzessiven Testkochen, damit ein Rezept auch wirklich schmeckt und gelingt".

Usula Schersch hat ihre Reisen in einem Kochbuch festgehalten.
Foto: Ursula Schersch

Herzensprojekt

Die Idee, aus Gerichten, die man beim Reisen kennen- und lieben gelernt hat, ein Buch zu machen, schwebt Schersch seit zehn Jahren vor. Doch zunächst startete sie den Blog "Taste of Travel", wo sie die Gerichte mit ihren Leserinnen und Lesern teilt. Damit ist sie so erfolgreich, dass daraus nun ein Kochbuch entstanden ist. Fast alle Speisen wurden im jeweiligen Entstehungsland verkostet, einige lernte sie beim gemeinsamen Kochen mit internationalen Freunden kennen, speziell während eines mehrjährigen Aufenthaltes in Boston. Aus jener Zeit ging ihre Rezeptreihe auf derStandard.at hervor, in der sie regelmäßig Gerichte aus den USA veröffentlicht.

Einige – wie Schokobrownies oder Pulled Pork Sliders – sind im neuen Buch zu finden. Doch auch österreichische Mehlspeisen wie Zwetschkenknödel oder Palatschinken fehlen nicht. Gefragt nach ihrem absoluten Lieblingsessen tut sich Schersch schwer: "Eigentlich immer das, was ich gerade esse. Bei indischem Curry mit frisch gebackenem Naan, einer Torta Caprese oder Kaiserschmarrn sage ich nicht Nein. Generell bevorzuge ich einfache Gerichte – Streetfood und die ländertypische Hausmannskost." Neben Kochkursen vor Ort schaut sie gerne Gastgeberinnen beim Kochen über die Schulter und lernt dabei Neues.

Fermentierter Fisch und Shrimpsköpfe

Gibt es Speisen, die sie auf Reisen kennengelernt hat, an die sie sich mit Schrecken erinnert? Einige Gerichte habe sie nur aus Höflichkeit gegessen, und bei manchen Eintöpfen wäre sie froh gewesen, nicht zu wissen, was da alles drinnen sei. "Vom Geruch und Geschmack her ist es aber wohl ‚Fafaru‘, ein polynesisches Gericht, bei dem ein Fisch in einer fermentierten Marinade aus Meerwasser und Shrimpsköpfen serviert wird. Der Geruch ist wirklich sehr intensiv. Mehr als einen Probebissen habe ich davon nicht geschafft."

Alles selbstgemacht

Doch zurück zum Buch, wo es ja ums Lieblingsessen geht: Dass es sich dabei um ein Herzensprojekt handelt, zeigen die vielen Stunden, die Schersch hineingesteckt hat. Dazu zählt das Entwickeln und Perfektionieren der Rezepte. Angefangen beim Lebensmitteleinkauf über das mehrmalige Kochen und Testen in verschiedenen Varianten bis hin zum Fotografieren macht die gebürtige Oberösterreicherin alles selbst. Und dann wird alles aufgegessen. "Oft gibt es zwar einige Male hintereinander das gleiche Gericht, und das Essen ist nach dem Fotografieren meist kalt, dennoch: Das ist mein Lieblingsteil im Prozess." Danach wählt sie Bilder aus und bearbeitet diese, schreibt Rezepte und Texte, bringt gemeinsam mit der Lektorin das Kochbuch in Form, und sie lesen es mehrmals Korrektur.

Im aktuellen Buch sind es rund 100 Rezepte, der Großteil mit Schritt-für-Schritt-Fotos – das ergibt allein über 500 Fotos in Scherschs ansprechend reduzierter Ästhetik. Es stecken mehrere Tausend Arbeitsstunden in dieser Publikation – doch Schersch ist sehr glücklich mit dem Ergebnis. Und hofft, dass es auch den Leserinnen und Lesern so geht. 30 Länder mittels Kochbuch besuchen zu können, das ist schon etwas. (Petra Eder, 13.11.2022)

Ein Rezept aus "Taste of Travel"

Congee – Reisporridge

Der in Asien beliebte Reisbrei wird klassisch zum Frühstück gegessen.
Foto: Ursula Schersch

Zubereitung:

Zutaten für 4 Personen

200 g Rundkornreis
500 ml Gemüsebrühe
Salz

Topping:

2 EL Sesamsamen
4 Eier
2 Frühlingszwiebeln
2 EL geröstete Erdnusskerne (vorzugsweise mild gesalzene)
4 TL Sojasauce

Zubereitung

1) Den Reis in einem Sieb gründlich abspülen. Reis, einen Liter Wasser, Gemüsebrühe und ¼ TL Salz in einem Topf zum Kochen bringen. Zugedeckt bei schwacher Hitze ca. 40 Minuten köcheln lassen, bis der Reis zu zerfallen beginnt. Während dieser Zeit ab und zu umrühren, damit sich nichts am Topfboden anlegt. Je dickflüssiger der Reisbrei wird, desto öfter muss man rühren.

2) Während der Reis kocht, das Topping zubereiten. Den Sesam in einer kleinen Pfanne ohne Fett bei mittlerer Hitze einige Minuten anrösten, bis er etwas dunkler ist. Dabei die Pfanne häufig rütteln bzw. umrühren. Den Sesam in einer kleinen Schüssel beiseitestellen.

3) Einen Topf mit Wasser zum Kochen bringen, die Eier mit einem Löffel vorsichtig hineinlegen und 6 ½–7 Minuten köcheln lassen. Die Eier kurz in kaltes Wasser legen, um den Garprozess zu stoppen. Anschließend schälen.

4) Die Frühlingszwiebeln putzen, waschen und in feine Ringe schneiden. Die Erdnüsse grob hacken.

5) Den Reis mit einem Schneebesen rasch durchrühren, sodass er noch weiter zerkleinert wird. Den Brei bis zur Verwendung zugedeckt beiseitestellen. Die Konsistenz variiert je nach Vorliebe von suppig bis cremig. Den Brei je nach gewünschter Konsistenz offen noch etwas einkochen lassen oder Wasser dazugeben. Das Congee auf Teller verteilen, mit je einem halbierten Ei und mit den Toppings servieren. Mit der Sojasauce beträufeln.

Tipp: Vorbereitung

Congee kann für ein stressfreies Frühstück am Vortag zubereitet werden. Zugedeckt im Kühlschrank lagern und am nächsten Tag aufwärmen. Falls der Brei eindickt, mit etwas Wasser verdünnen. Mit Toppings nach Belieben servieren.


Vom Frühstück bis zum gemeinsamen Abend mit Freunden lässt sich hier mit gut nachkochbaren Rezepten auf eine kulinarische Weltreise gehen: Ursula Schersch, "Taste of Travel". Gräfe und Unzer, € 28,90
Foto: Ursula Schersch