Laut der Bundesbetreuungsagentur BBU sind die Zelte – hier deren Aufbau in Tirol – die derzeit einzige Alternative zu Flüchtlingsobdachlosigkeit.

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Linz/ Wien – Laut dem Gemeindeamt von St. Georgen brauchte es offensichtlich rasch eine konkrete Maßnahme. Seit Wochen gehen die Wogen rund um 17 Zelte in der Erstaufnahmestelle Thalham hoch, nun sprach St. Georgens Bürgermeister Ferdinand Aigner (ÖVP) ein eindeutiges Machtwort. Im Alleingang veranlasste Aigner einen Räumungsbescheid. "Aus Sicherheitsgründen", wie er im Standard-Gespräch ausführt. "Wenn etwa der Wind reinfährt, kann es schnell lebensbedrohlich werden."

Er habe vorige Woche ein Sachverständigengutachten erhalten, das ihn auf die Gefahren aufmerksam mache. "Ich muss mich als Bürgermeister absichern", so Aigner, der kraft seines Amtes auch oberste Baubehörde ist. Laut Bescheid an die Bundesbetreuungsagentur (BBU) seien die Zelte binnen drei Tagen zu räumen und binnen sieben Tagen abzubauen. "Es geht eben nicht anders."

Nur drei Tage Zeit

Zugestellt wurde der BBU am Montag ein sogenannter Mandatsbescheid. Heikel dabei ist, dass einem Einspruch des Innenministeriums dagegen keine aufschiebende Wirkung gewährt werden kann. Auch wenn man sich, laut BBU, im Recht sieht und juristische Schritte setzen will: Die 17 Zelte müssen abgebaut werden.

Was die BBU aber unter massiven Druck bringt. Denn für die rund 100 Asylwerber, die derzeit in den Zelten untergebracht sind, gebe es derzeit keine Ersatzquartiere, stellt man vonseiten der BBU auf Standard-Nachfrage klar.

Lösungssuche bis Mittwoch

Die Asylwerbenden stünden dann auf der Straße, denn im Unterschied zu Tirol, wo es in Absam ebenfalls einen Bescheid über die Räumung der Zelte gab, mache Oberösterreich keine Anstalten, zusätzliche Quartiere zur Verfügung zu stellen. In mehreren Sitzungen, auch mit Vertretern des Landes, soll bis Mittwoch dieser Woche eine Lösung gefunden werden, hieß es Montag aus dem Innenministerium.

Besprochen werden dürfte dabei aber auch, wie mit einer Situation der Flüchtlingsobdachlosigkeit umgegangen werden soll. Insider sagen schon seit längerem, dass BBU und Innenministerium zur Zelteaufstellung nur eine Alternative haben: einen Aufnahmestopp in den überfüllten Bundesquartieren.

Leere Bundesquartiere

Die Situation bei der Asylwerberunterbringung spitze sich mangels Kooperationsbereitschaft etlicher Bundesländer weiter zu, kommentiert das Lukas Gahleitner-Gertz vom NGO-Zusammenschluss Asylkoordination.

"Absurd" dabei sei, dass gleichzeitig auch Bundesquartiere leerstünden – etwa in niederösterreichischen Hollabrunn oder auch in der Steiermark. Um sie zu aktivieren, müssten die Länder ihr Okay geben, was sie bis dato nicht getan hätten.

Doch Plätze in Oberösterreich?

In Oberösterreich will man sich aber den schwarzen Peter nicht zu schieben lassen. "Wir haben dem Bund auch im Oktober laufend neue Quartiere angeboten, und auch für November ist eine deutliche Steigerung geplant", stellt Oberösterreichs Soziallandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) klar.

Zur Unterbringung der in den Zelten lebenden Asylwerber seien dem Bund konkret zwei Quartiere in Hirschbach und Ried angeboten worden. Hattmannsdorfer: "Die zuständige Bundesagentur hat einen gesetzlichen Versorgungsauftrag. Ich erwarte mir, dass dieser wahrgenommen wird. Eine Drohkulisse Obdachlosigkeit aufzubauen ist nicht tragbar und unwürdig."

Wels baut Container ab

St. Georgen ist aber in Oberösterreich aktuell nicht der einzige Ort, in dem die Behörden in Asylfragen hart durchgreifen. In der Asylregistrierstelle in Wels werden vier mobile Übernachtungscontainer nach einer behördlichen Überprüfung bis Mittwoch entfernt. Nur die Sanitärcontainer bleiben dort. Damit reduziere sich die Höchstzahl der gleichzeitig anwesenden Asylwerber auf maximal 30, heißt es vonseiten der Stadt. Eine Ausweitung dieser Höchstzahl sei derzeit nicht geplant.

Bürgermeister Andreas Rabl (FPÖ) sah in der Schließung der Übernachtungsmöglichkeit "einen wichtigen Schritt" für die Welser Bevölkerung. Sicherheitsreferent Gerhard Kroiß (FPÖ) betonte, "durch die neuerliche Reduzierung der in der Registrierungsstelle anwesenden Asylwerber wird die Belastung für die Polizisten auf ein erträgliches Maß reduziert".

Übersiedlung ins Holzhaus

Vorreiter in Sachen behördlicher Zeltabbau war die Tiroler Gemeinde Absam. Der dortige Bürgermeister hatte einen Räumungsbescheid für das Zeltlager erlassen, in dem 30 Asylwerber aus Marokko und Tunesien untergebracht waren. Die Begründung: Bei diesem Provisorium handle es sich baurechtlich um einen "Schwarzbau". Das Innenministerium kam dem Bescheid der Baubehörde, also des Bürgermeisters, nach und baute die Zelte fürs Erste ab. Gegen den Bescheid wurde aber Beschwerde eingelegt.

Die 30 Betroffenen wurden nun nach Kufstein übersiedelt und dort in einem Holzhaus untergebracht, das 2015 zur Flüchtlingsunterbringung errichtet worden war. (Irene Brickner und Markus Rohrhofer, 7.11.2022)