Das südböhmische Atomkraftwerk Temelín sorgt einmal mehr für Gesprächsbedarf zwischen Wien und Prag.

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Energiekrise und Klimawandel machen es möglich: Die friedliche Nutzung der Kernenergie erlebt mancherorts einen positiven Imagewandel. Die Angst, dass der Energiebedarf ohne sie bald nicht mehr gedeckt werden könnte, sitzt vielen angesichts der gedrosselten Gaslieferungen aus Russland in den Knochen. Zudem gilt die vergleichsweise emissionsarme Kernkraft als relativ klimafreundlich. Bedenken in Bezug auf Reaktorsicherheit oder die ungelöste Frage der Endlagerung von Atommüll geraten da in der Debatte rasch ins Abseits.

Vor allem dort, wo man ohnehin stets auf den Ausbau der Kernkraft setzte, ist das Wasser auf die Mühlen von Atomkraftbefürwortern. In Tschechien etwa gibt es Pläne, den Anteil von Atomstrom am Energiemix bis zum Jahr 2040 von etwa 37 Prozent auf 50 Prozent zu erhöhen.

Derzeit verfügt das Land über zwei Kernkraftwerke: jenes im südböhmischen Temelín mit zwei Reaktoren, jenes im mährischen Dukovany mit vier. Beide Standorte befinden sich unweit der österreichischen Grenze. Im Rahmen der Aufstockungspläne nahmen zuletzt auch Überlegungen an Fahrt auf, die Kernkraftkapazitäten in Tschechien mit einem neuartigen, wesentlich kleineren Reaktortyp zu erhöhen. "Small Modular Reactor" (SMR) wird die Technologie genannt. Auch von "Mini-AKWs" ist in diesem Zusammenhang die Rede.

"Westliche Hersteller"

"Wir reden hier nicht von Reaktoren aus Russland oder China, sondern nur von Produkten westlicher Hersteller", sagte Petr Závodský, der im teilstaatlichen Energiekonzern ČEZ für die AKW-Ausbaupläne verantwortlich ist, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Als möglichen ersten Standort nannte Závodský vor allem Temelín.

Gerade gegen das dortige AKW gab es einst heftige Proteste aus Österreich. Zunächst aber will man in Prag Erfahrungen mit der neuen Technik anderswo abwarten. Vor 2032 sei laut Závodský daher keine SMR-Inbetriebnahme vorgesehen.

In Wien reagiert man auf die Pläne dennoch empfindlich: Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) will Österreichs Anti-Atomkraft-Linie laut Ö1-Mittagsjournal auch künftig gegenüber allen Nachbarländern vertreten. Auch in einigen grenznahen Gemeinden regen sich Proteste. (Gerald Schubert, 7.11.2022)