Präsident Joe Biden fördert die Industrie in den USA – und erschwert der Konkurrenz in anderen Ländern das Leben.

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Die Inflation war das bestimmende Wahlkampfthema, Umfrage für Umfrage hat gezeigt, dass die Wählerinnen und Wähler in den USA bei den Midterm-Elections nichts so sehr umtreibt wie die Teuerungskrise. Bei 8,2 Prozent lag die Inflation in den USA im September, und eine Entspannung ist nicht in Sicht.

Die Republikaner kreiden die Entwicklung Präsident Joe Biden und den Demokraten an, sprechen von "Bidenflation". Die Administration habe in der Pandemie zu viel Geld ausgegeben, wodurch sie die Teuerung angefacht habe, kritisieren die Republikaner, wobei sie nicht dazusagen, dass die Ausgabensteigerungen unter Präsident Donald Trump begannen. Die Demokraten verteidigen sich ihrerseits damit, dass die Bilanz der demokratisch geprägten Politik der vergangenen zwei Jahre gut ausfalle, sei doch der US-Arbeitsmarkt weiter robust. Die Arbeitslosenquote ist tatsächlich auf dem niedrigsten Stand seit 1968.

Am Dienstag finden in den USA die Zwischenwahlen statt. Auch ehemalige Präsidenten sind im Einsatz. Biden und Obama warnen vor Desinformation. Trump spricht von "Todesstrafen" für Drogendealer
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Milliarden-Förderprogramme für Industrie

Zu den wirtschaftspolitisch heißen Themen zählte auch, dass in den ersten 20 Monaten der Präsidentschaft Bidens die US-Industriepolitik auf neue Beine gestellt wurde. Drei zentrale Gesetzespakete sind fixiert worden: Der Kongress und das Weiße Haus haben ein 280-Milliarden-Dollar-Programm zur Förderung der US-Chipindustrie aufgelegt. Damit soll der Bau von Semikonduktoren in US-Fabriken forciert werden. Hinzu kommen 390 Milliarden Dollar für den Klimaschutz und 1,2 Billionen für Infrastrukturinvestitionen. Letzteres dient etwa dazu, die US-Energieproduktion zu stärken.

Alles in allem wenden die USA pro Jahr in den kommenden zehn Jahren 0,7 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung auf, um ihre Industrie zu stützen. Das ist mehr Geld, als das dirigistische Frankreich ausgibt, hielt der britische Economist vor kurzem fest. Dazu kommt, dass die Staatsausgaben zusätzliches privates Kapital anlocken sollen.

Die Reindustrialisierungspolitik wird auch im Ausland genau beobachtet, denn Bidens Strategie stößt die US-Handelspartner zunehmend vor den Kopf.

Abschottungspolitik

Biden setzt nämlich parallel zu seinem Vorgänger Trump auf eine Reihe protektionistischer Maßnahmen. Der Ökonom Pierre Lemieux von der Université du Québec wirft Biden deshalb schon vor, die gleiche Abschottungspolitik zu betreiben wie Trump, bloß mit einem freundlichen Antlitz, ohne die aggressiven Tweets. Trump habe gegen die Globalisierung im Namen der US-Arbeiterschaft und der Unternehmer gekämpft, schreibt Ökonom Lemieux in seinem Beitrag für das Cato-Institut, einen Thinktank in Washington. Biden tue das im Namen der US-Gewerkschaften und ihrer Mitglieder.

Wo genau zeigt sich der Protektionismus Washingtons? In der Amtszeit von Trump sind die Zölle auf Einfuhren aus China von drei auf im Schnitt 20 Prozent gestiegen. Die Biden-Administration hat diese strikte Tarifpolitik nicht gelockert, sondern im Gegenteil neue Pflöcke im Wettkampf gegen China eingeschlagen. Im Oktober haben die USA den Export von Mikrochips sowie von Maschinen und Software zur Mikrochipherstellung nach China untersagt. Das ist ein Angriff auf Chinas Industrie, die von US-Lieferanten bei der Chipherstellung abhängig ist. China und Hongkong sind die größten Mikrochipexporteure der Welt, noch vor Taiwan.

Auch eine Reihe von restriktiven Maßnahmen, die nicht nur China, sondern alle US-Handelspartner treffen, ließ Biden in Kraft oder verlängerte er. Etwa den von Trump eingeführten Zoll in Höhe von 20 Prozent auf importierte Waschmaschinen. Diese Maßnahme hat die Geräte für US-Konsumenten deutlich verteuert.

E-Auto-Förderung nur für Ford und GM?

Mit den Europäern kracht es wegen des US-Klimaschutzpaketes. Dieses sieht vor, dass Bürgerinnen und Bürger Ausgaben für den Ankauf von Elektroautos steuerlich in Höhe von bis zu 7.500 Dollar absetzen können. Allerdings müssen die Pkws in den USA, Mexiko oder Kanada gefertigt worden sein. Europäische Autobauer sehen sich benachteiligt, ebenso wie südkoreanische und japanische Firmen.

Die EU-Kommission droht bereits mit Gegenmaßnahmen, sollte die Förderung im Jänner 2023 wie geplant beginnen. Nicht zuletzt, um die geeinte Front gegen Russland nicht zu gefährden, haben die USA zuletzt Gesprächsbereitschaft bekundet – ohne ihre Position aufzuweichen. (András Szigetvari, 8.11.2022)