Wie soll in Wien künftig gebaut werden? Das ist Thema einer Fachenquete.

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Die Stadt Wien will ihre Bauordnung ändern, am Mittwoch und am Donnerstag gibt es dazu eine eineinhalbtägige Fachenquete im Rathaus. In der Wiener ÖVP hat man die Vorgangsweise der Stadt, wie berichtet, schon im Vorfeld heftig kritisiert, und davon rückte man auch in einem Mediengespräch am Dienstag im Wesentlichen nicht ab. "Zwei Drittel davon sind Vorträge", sagte Klubobmann Markus Wölbitsch. Die Oppositionsparteien hätten überhaupt nur am Donnerstag jeweils fünf Minuten Zeit für Input.

Forderungen hat die ÖVP natürlich auch. Mehr Transparenz, etwa bei städtebaulichen Verträgen, fordert Planungssprecherin Elisabeth Olischar. Oder auch bei den Flächenwidmungsplänen an sich: Es sei oft "ein bisschen ein Mysterium", wie diese zustande kämen. "Niemand weiß, wann so ein Prozess gestartet wird und wie er abläuft." In diesem Zusammenhang kam von Olischar die Forderung, dass auch die alten, abgelösten Pläne – wenn ein neuer in Kraft gesetzt wurde – online verfügbar bleiben sollten.

Olischar kritisierte außerdem, dass die diversen Fachkonzepte, Masterpläne etc., die die Planungsabteilung der Stadt schon in der Vergangenheit durchaus zahlreich beauftragen ließ, zu wenig aufeinander abgestimmt seien. "Evaluierung findet dann nicht statt."

Oder selten: Auf der Fachenquete soll es jedenfalls eine Evaluierung der Widmungskategorie "Geförderter Wohnbau" geben, die es seit 2018 gibt. Die ganze Fachenquete ist allerdings – wie berichtet – nicht medienöffentlich.

"Sehr unübersichtlich"

Die ÖVP-Planungssprecherin fordert außerdem ein "Zwischending" aus Stadtentwicklungsplan (Step) und Flächenwidmungs- und Bebauungsplan – nämlich einen "Bezirksentwicklungsplan". Ohnehin sollten die Bezirke stärker mitreden in der Erstellung oder Änderung der Widmungen, finden Olischar und ÖVP-Wohnbausprecher Peter Sittler.

Letzterer findet, dass die Wiener Bauordnung im Lauf der Zeit "sehr unübersichtlich" geworden ist. Für ein eigenes Wiener Raumordnungsgesetz – die Bundeshauptstadt ist das einzige Bundesland, das keines hat – wäre es nach Ansicht der ÖVP deshalb endlich an der Zeit.

Was sich Sittler sonst noch wünscht: mehr Wohnraum innerstädtisch ermöglichen, etwa auch in Erdgeschoßzonen mit bisher gültigem Wohnverbot ("Geschäftsviertel"). Außerdem schon länger bekannte VP-Forderungen wie mehr Treffsicherheit im sozialen Wohnbau und mehr Anstrengungen in Sachen Sanierung bei Gemeindebauten.

Schutz alter Gebäude

Olischar strich auch noch den Schutz von alten Gebäuden hervor. Sie wünscht sich strengere Regeln bei Neuerrichtungen in Schutzzonen, auch hier müssten "Beliebigkeit und Willkür" verschwinden. "Der Schutz alter Gebäude muss höchste Priorität haben", sowohl innerhalb als auch außerhalb von Schutzzonen. Dafür brauche es – wie auch von der Bauwirtschaft gefordert – klare Kriterien für oder wider Abbruchentscheidungen.

Bei Neubauten sollten Dächer verpflichtend entweder begrünt oder mit Photovoltaik ausgestattet werden, sagte Olischar, und ein Nachrüsten von Balkonen sollte besser möglich sein.

Ihre Forderungen für die Novelle präsentierten am Dienstag auch die Wiener Grünen: "Die Bauordnungsnovelle muss eine Klimaschutzreform sein", sagte der Parteivorsitzende Peter Kraus. Für 500.000 Haushalte, die in Wien immer noch mit Gas beheizt werden, brauche es klare Regeln für den Ausstieg – etwa in Form von Energieraumplänen, die es für Neubaugebiete bereits gibt, und mit denen auch im Bestand verordnet werden soll, wo und wann auf erneuerbare Wärme umgestellt werden muss.

Die Errichtung von Gasheizungen soll zudem im Neubau und auch bei größeren Sanierungsvorhaben untersagt werden. Zudem wünschen sich die Grünen eine eigene Widmungskategorie für fossilfreie Energiebereitstellung, die die Nutzung von Erdwärme regelt.

Gedämpfte Erwartungen

Auch in puncto thermische Sanierung, erneuerbarer Strom und Hitzeschutz fordern sie mehr Tempo. Zudem werden mehr Maßnahmen gegen Bodenverbrauch gefordert, darunter eine Leerstandsabgabe und die Überbauung von bereits existierenden Parkplätzen.

Der Erhalt alter Häuser ist auch den Grünen wichtig: Sie wünschen sich, wie berichtet, ein Abschaffen der wirtschaftlichen Abbruchreife in der Bauordnung sowie ein Forcieren der Kreislaufwirtschaft.

Insgesamt sind die Erwartungen an die Novellierung der Bauordnung bei den Grünen aber gedämpft: "Was seitens der Stadt geplant ist, hören wir morgen zum ersten Mal", sagt Kraus. Insgesamt sei die Enquete "viel zu spät", betonte Wohnbausprecher Georg Prack. Er geht von einer Kodifizierung der neuen Bauordnung Mitte kommenden Jahres und einem Inkrafttreten erst 2024 aus: "Die Zeit haben wir nicht." (Martin Putschögl, Franziska Zoidl, 8.11.2022)