Justizministerin Alma Zadić konnte sich mit ihrem Vorschlag nicht durchsetzen.

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Wien – Als mit dem Ausbruch der Pandemie vor mehr als zwei Jahren zahlreiche Gerichtsverhandlungen verschoben werden mussten, schuf das Parlament mit seinen Covid-19-Gesetzen die Möglichkeit, Prozesse auch virtuell per Videochat durchzuführen. Diese Übergangslösung ist noch bis Ende 2022 aufrecht.

Aus dem Plan von Justizministerin Alma Zadić (Grüne), die Online-Prozesse ins Dauerrecht überzuführen, ist dagegen vorerst nichts geworden. Der Passus, der im Entwurf der Zivilprozessnovelle vorgesehen war, wurde im Parlamentsbeschluss von März gestrichen.

Zuvor hatte sich nicht nur die Anwaltskammer äußerst kritisch zu dem Vorhaben geäußert. Auch Elisabeth Lovrek, Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, warnte vor technischen und rechtsstaatlichen Problemen. Zivilprozesse seien schließlich "keine Online-Yogastunde".

Dass digitale Verhandlungen nur mit dem Einverständnis der Prozessparteien möglich gewesen wären, hat an dieser ablehnenden Haltung von Richterschaft und Anwaltschaft nichts geändert. Der Entwurf wanderte laut Justizministerium zurück in eine "Arbeitsgruppe".

Online-Hauptversammlungen

Zumindest bis zum 31. Dezember 2022 sind digitale Zivilverhandlungen wie erwähnt weiterhin möglich. Dasselbe gilt für Gesellschafterversammlungen, wovon im laufenden Geschäftsjahr fast alle größeren Aktiengesellschaften Gebrauch gemacht haben.

Ob die digitalen Hauptversammlungen (HV) ins Dauerrecht übernommen werden oder die Übergangslösung endet, ist offen. Vor allem Gesellschaften und die Notariatskammer wünschen sich das. Der Anlegerverband lehnt es dagegen ab, weil er Einschnitte im Fragerecht der Aktionäre befürchtet.

In Deutschland hat sich die Koalition aus SPD, Grünen und FDP bereits darauf geeinigt, virtuelle HVs weiterhin zu erlauben. (japf, 10.11.2022)