Die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr wehrt sich gegen Anwürfe, die Stadt schlittere in die Pleite. Das Budget sei gesichert, aber es sei vom Schuldenberg der alten ÖVP-FPÖ-Koalition belastet.

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Auch wenn wohl nicht so heiß gegessen wird wie jetzt medial aufgekocht: Die Stadt Graz hat zweifelsfrei ein veritables Budgetproblem. Von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit, vor der die rot-grüne Stadtregierung jetzt vom Stadtrechnungshof in einem Schreiben gewarnt wurde, sei man aber weit entfernt, kalmiert Finanzstadtrat Manfred Eber (KPÖ). Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) versucht in einem Schreiben zu beruhigen und bekräftigt: "Wir stehen weder vor einer Pleite noch vor Neuwahlen. Das Budget ist für heuer und für das nächste Jahr gesichert. Es werden auch weiterhin wichtige Vorhaben umgesetzt werden, die zum Wohle der Grazer Bevölkerung sind."

Es sei aber "kein Geheimnis, dass wir erhebliche Altlasten der Vorgängerregierung übernommen haben. Zudem bringen natürlich die aktuellen Kostensteigerungen im Energie- und Baubereich, die steigenden Zinsen sowie die notwendigen Personalkosten die Stadt unter Druck", argumentiert die Bürgermeisterin.

Der Stadt sei nach dem Kassasturz im März sofort ersichtlich gewesen, "dass Schritte gesetzt werden müssen, damit das Budget des Hauses Graz wieder in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Deswegen haben wir bereits im beschlossenen Doppelbudget im Juni Konsolidierungsmaßnahmen verankert."

Was wohl in der Folge bedeutet, dass im nächsten Jahr einige härtere Einsparungen auf die Bevölkerung der steirischen Landeshauptstadt zukommen werden.

Städte in Budgetnot

Budgetnöte plagten nicht nur Graz, sondern zahlreiche Städte in Österreich, die durch die ständig steigenden kommunalen Kosten neu kalkulierten müssten, argumentiert Eber, "die massiven Teuerungen bringen derzeit alle kommunalen Budgets unter Druck".

In Graz hat der dortige Rechnungshof die Stadtkoalition aus KPÖ, Grünen und der – die Regierung im Gemeinderat unterstützenden – SPÖ dennoch jetzt schriftlich davor gewarnt, dass die momentan vorliegende mittelfristige Budgetplanung nicht ausreiche, darauf sei schon mehrmals hingewiesen worden.

Würde der Pfad so fortgeschrieben, verliere die Stadt ihre Liquidität und könne ihren Verpflichtungen wie Darlehensrückzahlungen nicht mehr nachkommen. Die Stadt habe wichtige Fristen für eine neue Mittelfristplanung verstreichen lassen.

Am Mittwoch werde den Prüfern des Rechnungshofes die neue Mittelfristplanung ohnehin vorgelegt, bekräftigt Finanzstadtrat Eber. Man habe auch noch die Kalkulationen der Grazer Holding abwarten müssen. Auch die Holding sei von den Preissteigerungen enorm betroffen. "Es traut sich ja kaum noch jemand, Prognosen über die Kostenentwicklungen zu erstellen", heißt es.

Harte Kritik der ÖVP

Das von der "Kleinen Zeitung" veröffentlichte Rechnungshof-Mahnschreiben an die Stadtkoalition nahm der frühere Finanzstadtrat Günter Riegler (ÖVP) jedenfalls zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass er mit seinen Warnungen, dass das Budget nicht halten werde, recht behalten habe. Das Krisenmanagement der neuen linken Regierung sei "schlichtweg schlecht". Trotz der budgetären Enge habe die Koalition noch im Oktober "viele teure Sozialmaßnahmen" und Investitionsprojekte beschlossen. Riegler spricht von einer "finanziellen und politischen Bankrotterklärung".

Was die KPÖ und auch die Grünen so nicht stehen lassen wollen. Eber weist die Kritik zurück: "Verschärft wird die Lage heute dadurch, dass mit dem Grazer Budget in der letzten Periode nicht gerade sorgsam und umsichtig umgegangen wurde."

Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne) verweist – wie Kahr – auf den geerbten Schuldenrucksack der ÖVP-FPÖ-Koalition und fügt präzisierend hinzu: "Die Stadt ist konfrontiert mit einem massiven Schuldenberg als Erbe der schwarz-blauen Koalition: Die Pro-Kopf-Verschuldung stieg unter Schwarz-Blau um zusätzliche 1.232 Euro, von 3.561 im Jahr 2017 auf 4.793 Euro im Jahr 2021. Dazu kommt die multiple weltweite Krisensituation: Krieg, Energiekosten, Inflation et cetera. Das ist tatsächlich eine sehr große Herausforderung."

Die ÖVP-SPÖ-Landesregierung ließ in einem Schreiben wissen, "die Auflösung des Gemeinderates und die Einsetzung eines Regierungskommissärs ist derzeit noch kein realistisches Szenario". (Walter Müller, 8.11.2022)