Chinas Zero-Covid-Politik ist ein Rätsel. Während im Rest der Welt nach zwei Jahren Pandemiemaßnahmen weitgehend wieder Normalität eingekehrt ist, verharrt die zweitgrößte Volkswirtschaft in einem Lockdown-Albtraum, der die Bevölkerung, die heimische Wirtschaft und die globale Konjunktur quält. Erklärungsversuche gibt es, nur keine Hypothese ist hinreichend.

Ein wegen eines Lockdowns abgesperrtes Wohngebiet in Peking.
Foto: REUTERS/Thomas Peter

Die wahrscheinlichste ist die, wonach Xi Jinping sich schlicht verrannt hat. Weil die oberste Führung jahrelang vor der Gefährlichkeit des Virus warnte, ist ein Zurück jetzt nicht mehr möglich. Sture, irrationale Kampagnen haben zumindest Tradition in der Geschichte des kommunistischen China: Mao wollte mal alle Spatzen töten lassen, um die Ernte zu steigern.

Oder nutzt Xi die Lockdowns und Quarantänelager insgeheim dazu, parteiinterne Widersacher mit einem Angstszenario in Schach zu halten? Dann aber müsste es spätestens jetzt nach dem Nationalen Volkskongress, auf dem Xi seine Macht bestätigt hat, Lockerungen geben. Sind die Lockdowns, die die Inflation immer stärker anheizen, am Ende eine Art hybrider Krieg gegen den Westen? Dagegen spricht, dass die Energiepreise hierzulande bei einer voll laufenden Wirtschaft Chinas noch höher wären. Auch warum Xi den ausländischen mRNA-Impfstoffen so sehr misstraut, ist nicht klar.

Tatsache ist nur: Der Preis für diese rigorose Politik steigt stetig – wirtschaftlich und menschlich. (Philipp Mattheis, 9.11.2022)