Im Gastblog schreibt Rechtsanwältin Kristina Silberbauer im Zusammenhang mit einer Fachtagung über vorhandene und fehlende klimaschützende Regelungen.

Am 23. November findet in Wien und Online die Tagung "Wirtschaft Klima Recht" statt. Acht Fachanwälte und Fachanwältinnen, eine Steuerberaterin und die Boku tragen – ehrenamtlich – zu dem Thema vor: Was können Unternehmen anhand der bestehenden Gesetze für den Klimaschutz tun? Die Teilnahme erfolgt gegen freiwillige Spende an eine Klimaschutz- und Umweltorganisation freier Wahl.

Der Klimawandel stellt die Menschheit vor viele Fragen, auch rechtlicher Natur.
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Was gibt nun also die Rechtslage her? Viel, und das nicht nur aufgrund expliziter Regeln: "Viele Bereiche des Nachhaltigkeitsrechts, zum Beispiel der Kapitalmarkt, sind heute schon dicht reguliert. Aber auch ohne ausdrückliche Regeln kann aufgrund der Pflicht jedes Unternehmers zu sorgfältigem Risikomanagement ohnehin niemand mehr Nachhaltigkeitsrisiken ausblenden", meint Christian Richter-Schöller, Rechtsanwalt bei Dorda Rechtsanwälte dazu.

Ganz ähnlich sieht es Rechtsanwältin Birgit Vogt-Majarek, Partnerin bei Schima Mayer Starlinger, aus gesellschaftsrechtlicher Sicht: "Die Umsetzung und Einhaltung von ESG-Kriterien (Environmental, Social, and Governance) wird künftig noch wichtiger für die Entscheidung von Investorinnen und Investoren, die Vergabe von Aufträgen, Ratings und die Attraktivität als Arbeitgeber im 'war for talents' sein. Vorstand und Aufsichtsrat sind daher massiv gefordert, bereits jetzt die Weichen für eine entsprechende Unternehmensführung zu stellen, die neben dem Finanzstatus insbesondere ökologisches und soziales Handeln in den Fokus rückt."

Erneuerbare Energien und komplexe Kriterien

Erneuerbare Energien nutzen, das liegt in Zeiten der Energieknappheit auf der Hand. Rechtsanwalt Georg Rihs dazu: "Mit der angekündigten Energiewende soll es kleinen und mittleren Unternehmen sowie Wohnungseigentümergemeinschaften erleichtert werden, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Gemeinsame Stromerzeugungsanlagen und Energiegemeinschaften können helfen, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und lange Leitungswege zu vermeiden. Neben anderen Maßnahmen, beispielsweise im Bereich der Energieeffizienz, der Bau- und Raumordnungen findet so im Bereich der Energieerzeugung ein Umdenken statt, das sich auch in aktuellen gesetzgeberischen Maßnahmen spiegelt."

Rechtsanwalt Matthias Öhler von Schramm Öhler führt aus: "Für einen Vergaberechtlicher sind die ESG-Kriterien eigentlich nichts neues. Bereits das Bundesvergabegesetz 1993 verpflichtete öffentliche Auftraggeber zur Einhaltung sozialer und ökologischer Standards bei der Vergabe von Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen. Neu ist hingegen das Aufblühen eines wahren Biotops an detaillierten Regeln und Richtlinien in diesem Bereich. Diese machen das Thema schon einigermaßen komplex und unübersichtlich. Die Tagung soll dabei helfen, den Überblick über dieses Thema zu behalten – und etwas Gutes für den Klimaschutz zu tun."

Arbeitsrechtliche Aspekte

Und das Arbeitsrecht? Spezifisch klimaschützende Vorschriften fehlen, und doch kann und wird Klimaschutz das Arbeitsrecht der Zukunft prägen. Nicht nur das Homeoffice, auch kluge Arbeitszeitmodelle können Wegstrecken vermeiden und damit an Aktualität gewinnen. Dasselbe gilt für die schon fast vergessenen Werkswohnungen. Wenn es um die Belohnung von klimaschonendem Verhalten geht, stehen Antidiskriminierung und Sachlichkeit im Fokus. Schulungen und Weisungen können klimaschützendes Verhalten fördern – das kann aber durchaus zu rechtlichen Konflikten führen, wenn nämlich unterschiedliche Weltanschauungen aufeinandertreffen. Besonders offensichtlich ist das Streitpotenzial bei Employee-Activism, wenn Arbeitspflichten verletzt werden oder gar das Unternehmen öffentlich angeprangert wird. Klimaschutz stellt Unternehmen somit vor neue arbeitsrechtliche Herausforderungen, die aber mit vorhandenen Vorschriften gelöst werden können – auch wenn man sie zum Teil neu denken muss. (Kristina Silberbauer, 11.11.2022)