Christoph Koncz (35) debütierte im Musikverein, bevor es im September 2023 an das 'Orchestre symphonique de Mulhouse' geht.

Foto: APA/ANDREAS HECHENBERGER

Viele hatten wohl gespannt auf das Dirigat von Joana Mallwitz gewartet, doch musste sie für die aktuelle Tournee mit dem Mahler Chamber Orchestra absagen. So kam es zu einer aufregenden Einspringer-Situation – und zu einer besonderen Art eines Nachhausekommens. Denn der Österreicher Christoph Koncz, der somit als Dirigent im Musikverein debütierte, war vor seinen derzeitigen Positionen als Chefdirigent der Deutschen Kammerakademie Neuss am Rhein und als Erster Gastdirigenten des französischen Originalklangensembles Les Musiciens du Louvre Stimmführer der zweiten Geigen bei den Wiener Philharmonikern.

Die pluralistischen Musiziertraditionen, die hier schon biographisch zusammenkommen, bilden für den 35-Jährigen offenbar keinen Widerspruch, ebenso wenig wie symphonische Klangfülle und aufführungspraktische Versiertheit. Benjamin Brittens Serenade für Tenor, Horn und Streicher erlebte mit dem eindringlichen Tenor Andrew Staples und José Vicente Castelló mit seinem fast menschlich weichen Hornklang eine mustergültige Aufführung.

Abgründigkeit und Klanggenuss

Davor und danach: Schubert – Musik also, bei der man es sich entweder mit Liebhabern des "Wiener Klangs" oder des historisch informierten Ansatzes oder aber mit beiden zugleich gründlich verderben könnte. Christoph Koncz gelang es mit dem Orchester – schon immer mit der Verbindung scheinbarer oder wirklicher Gegensätze vertraut –, alle drei dieser Möglichkeiten überzeugend zu vermeiden.

Schuberts 7. Symphonie ("Unvollendete") war – besonders in der Durchführung des ersten Satzes – an Abgründigkeit und Dramatik kaum zu überbieten, andernorts erlaubte man sich auch Schwelgen und Klanggenuss. Der Klang der unglaublich tollen Bläser und homogenen Streicher war meist genau austariert, auch in der großformatigen 4. Symphonie ("Tragische") wurde mit ebenso viel Präzision und Leidenschaft gewissermaßen auf der Kante der Stühle musiziert: genau durchstrukturiert und mit Schwung, spannungsreich getragen von einem vor Inspiration sprühenden Dirigenten. Ein fulminantes Debüt. (Daniel Ender, 9.11.2022)