Kid Pex nutzt Hip-Hop so wie früher als politisches Medium.

Foto: David Pichler

Wenn man in Wien nicht gerade Mitglied einer schlagenden Burschenschaft oder einer Buberlpartie ist, also schon auch politisch, aber eher linksdrehend interessiert durch das Leben geht und Begriffe wie "Solidarität" unfallfrei aussprechen kann, kennt man den Mann. Außerhalb der multikulturellen Hip-Hop-Szene der Stadt wurde Kid Pex vor einigen Jahren vor allem durch die gegen Schwarz-Blau gerichteten Donnerstagsdemos bekannt.

Sein alter "Hit" nennt sich "Antifašista" und rückt wesentliche Dinge in unserem Zusammenleben zurecht, die dauernd von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit bedroht werden: "Ich bin Antifašista, A-A-Antifašista, mit Antifa-Brudi und Antifa-Sista." Und: "Das ist linke Straßen-Untergrund- und Gemeindebau-Guerilla, denn egal, von wo du kommst, bist du hier, bist a Wiener."

Für Anhänger des homophoben und frauenfeindlichen, Kleinkriminalität und Kleinhirn, dicke Autos und dicke Hosen, Protzerei und Prolltum in den Mittelpunkt stellenden Gangsta-Rap hat Kid Pex zwar mit älteren obstruktiven Stücken wie "So viel Polizei" vordergründig kurz Berührungspunkte anzubieten. Dank anderer Songs wie des sich kritisch gegen Volks-Rock-’n’-Roll und Hurrapatriotismus wendenden "Hulapolizei" oder "Norbert Hofer" wird allerdings klar, dass es Kid Pex nicht um bloßes zum Mitsingen und -rappen geeignetes Aufbegehren geht, sondern um die unerträglichen Verhältnisse an sich.

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Kid Pex veröffentlicht nun nach Jahren wieder ein Album. Es nennt sich "Pexit" und liefert mit zwei, drei Handvoll Gästen wie Esrap und Yasmo, dem Linzer Def Ill, der Rap-Band KGW3, MC Arbeitslos oder Drahdiwaberl-Urgestein Bernhard Rabitsch einen gewohnt gesellschaftskritischen und kämpferischen, im Titelstück auch sehr persönlich gehaltenen Rückblick auf die letzten Jahre. Immerhin pausierte die Vaterfigur des Wiener Hip-Hop lange Zeit. In zahlreichen Workshops brachte er einst allerdings auch die Karrieren speziell von Esrap und diversen anderen migrantisch geprägten Wiener Rappern und Rapperinnen ins Rollen.

Kid Pex bezeichnet sich selbst als "Jugoslawiener" oder "Tschuschenrapper". Die meiste Zeit verbringt der ursprünglich aus Kroatien stammende Straßen-Untergrund-Gemeindebau-Guerillero Petar Rosandić als Obmann der NGO-Organisation SOS Balkanroute heute in Flüchtlingslagern in Bosnien. Er kümmert sich dort um den Bau von Küchen und von menschenwürdigen Unterbringungen.

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Dass dort die Wut auf die bestehenden Verhältnisse gemildert worden wäre, kann man anhand neuer Titel wie "Nazis", "Neue Wöd", "Widerstand" oder "12 Stunden Tag" nicht unterstellen: für das Gute, gegen das Schlechte! Depressiv darf man wegen dieses eventuell nicht erreichbaren Ziels nicht werden. Manchmal reicht es schon, die miese Lage einfach zu benennen und damit kurzfristig zu bannen. Menschen, die regelmäßig die Nachrichten verfolgen, sind beim lässig Richtung Old School produzierten Album "Pexit" eindeutig im Vorteil. Die Namen sind von dort bekannt. Es gilt die Unmutsvermutung. (Christian Schachinger, 10.11.2022)