In Michigan setzten die Demokraten das Thema Abtreibung auf die Stimmzettel – das half auch bei der Mobilisierung.

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Überdeckt von den großen Entscheidungen um Repräsentantenhaus und Senat haben in der Nacht auch wieder zahlreiche Referenden in den einzelnen Bundesstaaten stattgefunden. Nicht alle Ergebnisse sind einheitlich, die großen Züge aber geben das wieder, was sich meistens zeigt: Wählerinnen und Wähler mögen zwar den Republikanern als Partei den Vorzug geben – in konkreten Fragen aber sind sie oft eher liberal.

  • Wichtigstes Beispiel ist die Frage der Abtreibung. Seit der Supreme Court im Sommer Staaten erlaubt hat, diese zu verbieten, nutzen Demokraten die Frage auch zur Mobilisierung ihrer Wählerinnen. Gleich in fünf Bundesstaaten standen Fragen rund um Schwangerschaftsabbrüche am Dienstag auf dem Wahlzettel – und überall entschieden sich Mehrheiten für das Grundrecht. Im Konkreten gibt es allerdings Unterschiede: In Kalifornien, Vermont und Michigan nahmen die Menschen den Vorschlag an, das Recht in der Verfassung der Bundesstaaten zu verankern. In Kentucky lehnte eine Mehrheit die von Republikanern eingebrachte Inititive ab, Abbrüche zu verbieten. Und in Montana, wo allerdings noch nicht fertig ausgezählt war, zeichnete sich eine Merhheit gegen einen offenbar bewusst verwirrenden Vorschlag der Republikaner ab. Diese hatten vorgeschlagen, die "Tötung von lebendig geborenen Kindern" zu untersagen – was natürlich schon bisher illegal ist, aber den falschen Eindruck vermittelt, dass derartiges unter der Bezeichnung "Abtreibung" stattfinde. Ärztinnen und Ärzte warnten, ein Ja hätte es verunmöglicht, dort menschliche Entscheidungen in Fällen zu treffen, wo es um die Frage geht, ob nichtlebensfähig geborene Kinder mit allen Mitteln Wiederbelebungsversuche über sich ergehen lassen müssen, statt etwa in den Armen ihrer Eltern sterben zu können.

  • Ein gemischtes Bild ergab sich bei der Legalisierung von Cannabis. Maryland und Missouri stimmten für den Legalisierung auch für nichtmedizinische Zwecke, North Dakota, South Dakota und Arkansas lehnten diese ab. Knapp in Führung war am Mittwochabend in Colorado, wo Cannabis schon lange legal ist, der Vorschlag, auch einige psychedelische Drogen und Magic Mushrooms unter regulierten Bedingungen zuzulassen.

  • Auf dem Stimmzettel stand in fünf Bundesstaaten auch die Sklaverei. Diese wurde durch den 13. Zusatzartikel zur US-Verfassung 1865 nämlich nur mit dem Zusatz "außer als Strafe für ein Verbrechen" verboten, was etwa unfreiwillige Strafarbeit im Gefängnis ermöglicht – die immer noch stattfindet und oft für hohe Profite der privatisierten Gefängnisindustrie sorgt. In Tennessee, Alabama und Vermont entschieden sich die Menschen für eine Abschaffung, in Oregon lag eine entsprechende Initiative voran. In Louisiana lehnten rund 60 Prozent der Wählerinnen und Wähler die Abschaffung ab.

  • Angenommen wurden auch in mehreren Staaten Initiativen, die strengere Kontrollen von Ausweisen bei der Wahl forderten. In Nevada schien eine Initiative knapp auf dem Weg zum Sieg, die den Wahlablauf grundlegend ändern würde. Statt parteiinterner Vorwahlen würde es solche geben, an denen sich Kandidatinnen und Kandidaten aller Parteien beteiligen. Die besten fünf kämen dann weiter in die eigentliche Wahl, bei der sie auf dem Stimmzettel nach Präferenz der Abstimmenden gereiht würden. Ein ähnliches System setzt Alaska bereits ein, dort half es zuletzt moderateren Politikerinnen zum Sieg.

  • Weiteres Erwähnenswertes: In Kalifornien lehnten große Mehrheiten zwei Vorschläge ab, die Glücksspiel legalisieren wollten – einmal online und einmal in auf indigenem Gebiet gelegenen Städten. Sie waren mit teuren Kampagnen massiv beworben worden. In Iowa bestärkten 65 Prozent das Recht, Waffen zu tragen, in der Staatsverfassung. (mesc, 9.11.2022)