Ob Weihnachten für den Handel unter einem guten Stern steht, wird sich weisen. Gute Stimmung kommt derzeit noch nicht auf.

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Wien – Die gute alte Heizdecke erlebt eine Renaissance. In Zeiten, in denen Zentralheizungen noch Zukunftsmusik waren, ersetzte sie Bettwärmepfannen, die mit glühender Kohle betrieben wurden. Sie wärmte das Bett vor und linderte chronische Schmerzen. Sexy war sie nie. Eher was für Stubenhocker. Aufgeschwatzt wurde sie Senioren auf Werbefahrten. Ihre Enkel beutelten später naserümpfend den Staub aus ihrem Leopardenmuster. Unverfroren die Treue hielten ihr über die Jahrzehnte nur Nostalgiker.

Doch seit die Angst vor einer Energiekrise zunimmt, gehen die Heizdecke und ihr kleiner Bruder, der elektrische Fußwärmer, weg wie warme Semmeln. Allein im September wurden von ihnen gut zehnmal mehr verkauft als noch einem Jahr, rechnet Harald Gutschi vor, der als Chef der Unito den größten österreichischen Onlinehändler führt.

Skianzüge und Alpakasocken

1.000 Prozent mehr Bestellungen registrierte er auch bei Kinderskianzügen und Infrarotheizungen. Die Nachfrage nach Keramikheizlüftern versiebenfachte sich. Der Absatz von Alpakasocken und Thermounterwäsche stieg ums Doppelte. Die Angst, ohne Gas in der kalten Wohnung zu sitzen, schlage sich sichtbar aufs Konsumverhalten nieder, sagt Gutschi.

Viele Österreicher hätten den Klimabonus für energieeffiziente Geräte genutzt. Andere scheuten keine Kosten für neue Heizalternativen, selbst wenn sie dafür teuren Strom bezahlen müssten. Die Sorge vor dem Frieren infolge eines Gasstopps wiege schwerer, skizziert Gutschi die Stimmung in Haushalten.

Nicht viel besser ist das Klima im Handel. Weihnachtliche Gefühle sieht der Online-Experte in seiner Branche heuer keine aufkommen. Und für 2023 prognostiziert er eines der schwierigsten Jahre des vergangenen halben Jahrhunderts. Die anhaltende Konsumunlust schränke den Spielraum der Händler massiv ein. Viele Unternehmen drohten auf dem Gutteil ihrer Mehrkosten sitzen zu bleiben. Personal werde teurer, die meisten Betriebskostenabrechnungen stünden erst bevor. Gutschi hält eine Pleitewelle für unabwendbar.

Entspanntere Lieferketten

Unito selbst, die Marken wie Otto, Universal und Quelle unter ihrem Dach vereint, verspricht sich für das im Februar endende Geschäftsjahr 2022/23 bestenfalls Umsätze auf Vorjahresniveau. Die Wachstumsprognose für Otto wurde von bis zu 15 Prozent um die Hälfte auf rund sieben Prozent plus revidiert.

Probleme mit Lieferketten wie im Jahr zuvor, die den Absatz für den Konzern hierzulande trotz guter Nachfrage sinken ließen, sieht Gutschi mittlerweile nicht mehr. Die Kosten für Transporte und viele Rohstoffe hätten sich normalisiert. Ein Unsicherheitsfaktor bleibe allerdings Chinas Null-Covid-Politik. Kurzfristig geschlossene Fabriken beeinträchtigen immer wieder die Industrieproduktion. (Verena Kainrath, 10.11.2022)