Ob Biden noch einmal antreten wird, hat er noch nicht offiziell verkündet.

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Die Grafik zeigt die Zwischenergebnisse bei den amerikanischen Midterm-Wahlen mit Stand Mittwoch, 20 Uhr.

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Washington – Nach dem ausgebliebenen Debakel seiner Demokraten bei den US-Zwischenwahlen will Präsident Joe Biden Anfang 2023 über die Wiederkandidatur für das Weiße Haus entscheiden. "Meiner Meinung nach werden wir Anfang nächsten Jahres ein Urteil fällen", sagte der 79-Jährige am Mittwoch. Bei der Wahl am Dienstag schnitten die Demokraten besser ab als erwartet. Ob sie die Mehrheit im Repräsentantenhaus und bzw. oder dem Senat halten, ist noch offen.

Bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus antwortete Biden auf die Frage, ob er 2024 wieder kandidieren würde, er und seine Ehefrau Jill würden Anfang nächsten Jahres über die Kandidatur entscheiden.
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Bis es Klarheit gibt, könnten noch mehrere Tage oder gar Wochen vergehen. Den Republikanern werden etwas bessere Chancen eingeräumt, eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus zu gewinnen. Im Senat könnte ein einzelner noch zu vergebender Sitz über die Kontrolle der zurzeit knapp von den Demokraten kontrollierten Kammer entscheiden. Vor der Wahl waren zum Teil haushohe Siege der Republikaner erwartet worden, die jedoch ausblieben.

Georgia, Arizona und Nevada noch offen

Biden hob bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus hervor, dass die Demokraten neben dem Senat auch immer noch die Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigen könnten. "Aber es wird sehr eng", räumte er ein.

Für die Mehrheit im Repräsentantenhaus sind 218 Sitze notwendig. Mit den Abstimmungen, zu denen es bereits Ergebnisse oder Prognosen zum Gewinner gibt, kommen die Republikaner bisher auf 207 Mandate und die Demokraten auf 187. Schlägt man ihnen die Abstimmungen zu, in denen sie aktuell vorn liegen, zeichnet sich eine knappe Mehrheit von 220 Stimmen für die Republikaner ab.

Im Senat fällt die Entscheidung in knappen Rennen in drei besonders umkämpften Bundesstaaten. In Georgia, Arizona und Nevada war auch in der Nacht auf Donnerstag noch offen, ob Demokraten oder Republikaner die entscheidenden Senatorenposten bekommen. Das besonders knappe Rennen zwischen Amtsinhaber Raphael Warnock und dem republikanischen Herausforderer Herschel Walker in Georgia entscheidet sich erst am 6. Dezember in der Stichwahl. Sollten nicht bereits die Auszählungen der restlichen Stimmen in Arizona und Nevada Klarheit bringen, könnte erst damit feststehen, wer künftig die Mehrheit in der oberen US-Kongresskammer hat.

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Biden bereit zu Kompromissen

Biden betonte seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Republikanern. Er sei bereit zu Kompromissen in vielen Fragen. Allerdings werde er mit seinem Veto jedes Gesetz der Republikaner blockieren, das ein landesweites Verbot von Abtreibungen oder eine Aushöhlung der Gesundheitsvorsorge zum Ziel haben sollte.

Der bisherige republikanische Minderheitsführer im Abgeordnetenhaus, Kevin McCarthy, gab sich siegesgewiss und sagte Reportern am US-Kapitol, dass er mit Biden telefoniert habe. McCarthy will Vorsitzender der Kammer werden.

Biden äußerte die Hoffnung, dass man nach der Wahl gemeinsam weiter die Ukraine unterstützen werde. Die USA sind der wichtigste Lieferant von Waffen für das Land, das seit Ende Februar gegen den Angreifer Russland kämpft. Die Republikaner hatten vor der Wahl signalisiert, dass es keinen "Blankoscheck" für die Ukraine geben werde, falls sie die Mehrheit erringen sollten. Biden konterte, dass es auch von den Demokraten keinen Blankoscheck gebe.

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Trump-Kandidatur erwartet

Der 79-Jährige bekräftigte, er habe grundsätzlich die Absicht, bei der Präsidentenwahl 2024 wieder anzutreten. Es sei aber letztlich eine Entscheidung der Familie. "Ich denke, alle wollen, dass ich kandidiere, aber wir werden es besprechen." Er habe keine Eile und werde eine Entscheidung nicht davon abhängig machen, was sein Vorgänger tue.

Der republikanische Ex-Präsident Donald Trump hatte am Vorabend der Wahl für den 15. November eine "sehr große Mitteilung" angekündigt. Es wird erwartet, dass es dabei um die Ankündigung einer neuen Präsidentschaftskandidatur gehen dürfte. Das Abschneiden der Republikaner bei der Wahl schwächt aber die Position von Trump, der auch letztlich unterlegene Kandidaten wie den TV-Doktor Mehmet Oz im Rennen um einen Senatssitz unterstützt hatte. Es war offen, was das für Trumps Pläne bedeuten könnte.

Als möglicher Rivale für Trump im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur gilt Floridas Gouverneur Ron DeSantis. Er wurde mit deutlicher Mehrheit in seinem Amt bestätigt – und ging damit gestärkt aus dem großen Wahltag hervor.

OSZE besorgt hinsichtlich Desinformation

Nach den Zwischenwahlen in den USA haben sich Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) indes besorgt über "weitverbreitete Desinformationen" gezeigt. Die Beobachter sprachen am Mittwoch von "Drohungen gegen Wahlhelfer" und Aktionen, die darauf abzielten, "das Vertrauen der Wähler in den Wahlprozess zu untergraben, indem sie dessen Integrität unbegründet infrage stellen".

Die Weigerung einiger, die Legitimität der Ergebnisse der Präsidentschaftswahl 2020 zu akzeptieren, habe sich negativ auf die öffentliche Debatte ausgewirkt und das Vertrauen in das System verringert, sagte Margareta Cederfelt von der OSZE-Wahlbeobachtungsmission bei einer Pressekonferenz in Washington. Diese "unbegründeten Betrugsvorwürfe" hätten weiterhin "schwerwiegende Folgen, mit Schikanen und Drohungen gegen die Wahlhelfer".

Die Wahlbeobachter warnten, einige der nun gewählten republikanischen Kandidaten hätten die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl 2020 nicht anerkannt. Diese würden nun jedoch "die direkte Verantwortung für die Überwachung der künftigen Wahlen in ihren Staaten tragen".

Außenpolitische Vorhaben

Bei einem möglichen Treffen mit Chinas Präsident Xi Jinping auf dem G20-Gipfel in der kommenden Woche will Biden über "rote Linien" beider Länder sprechen. Die Beziehungen der beiden Ländern sind äußerst angespannt. Es wäre das erste persönliche Treffen von Biden und Xi in ihren Ämtern als Präsidenten. Während seiner bevorstehenden Asien-Reise wird Biden auch den japanischen Premierminister Fumio Kishida und den südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk-Yeol treffen, um die Verstärkung der trilateralen Zusammenarbeit mit besonderem Fokus auf die Eindämmung des nordkoreanischen Atomprogramms zu besprechen.

Auch zu Elon Musks umstrittenen Auslandsgeschäften hat sich Biden am Mittwoch geäußert. Er zeigt sich offen für eine mögliche Überprüfung. Biden war gefragt worden, ob er Musk als eine Bedrohung für die nationale Sicherheit betrachte. Bei der Übernahme von Twitter bekam Musk Geld unter anderem vom saudischen Prinzen Alwaleed bin Talal, einem Tochterunternehmen des staatlichen Investmentfonds von Katar und der Kryptowährungsbörse Binance, die ursprünglich in China gegründet worden war. (APA, red, 10.11.2022)