Noch sind die Verhandlungen zwischen Gesundheitsministerium und Ärztekammer über den Mutter-Kind-Pass nicht abgeschlossen. Sie befinden sich laut Bundesregierung aber in der finalen Phase.

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Im Streit über die Reform des Mutter-Kind-Passes zwischen Gesundheitsministerium und Ärztekammer drohte die Kammer zuletzt mehrfach damit, aus dem aktuellen Modell auszusteigen. Sollten bis Ende des Jahres Honorare für Medizinerinnen und Mediziner nicht erhöht werden, wird laut Ärztekammer die Kündigung für die Kassenleistung ausgesprochen. Damit wären die Untersuchungen künftig privat zu bezahlen.

Am Donnerstag reagierte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) auf die "Gerüchte" rund um die Untersuchungen: "Den Mutter-Kind-Pass in Österreich wird es auch in Zukunft geben, und auch die Untersuchungen werden weiterhin öffentlich finanziert", verkündete Rauch via Twitter. Das Projekt werde derzeit weiterentwickelt und modernisiert. Mit allen Beteiligten werde daran gearbeitet, die Tarife und Leistungen zeitgemäß zu gestalten.

Eine Einigung mit der Ärztekammer gibt es demnach aber noch nicht. "Derzeit befinden wir uns in den finalen Verhandlungen, und es wird mancherseits medial Druck ausgeübt, um ein bestmögliches Verhandlungsergebnis zu erzielen", sagte Rauch. Das sei verständlich – dürfe aber "keinesfalls (werdende) Eltern verunsichern".

Paket "schon bald" präsentieren

Man werde "schon bald ein fertiges Paket präsentieren", kündigte Rauch an. "Bis dahin bitte ich noch um etwas Geduld." Auch Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) sagte am Mittwoch im Budgetausschuss, dass die Leistungen kostenfrei bleiben sollen. Die Verhandlungen würden sich in der finalen Phase befinden.

Auf diese Aussagen von Raab und Rauch reagierte die Ärztekammer Donnerstagmittag erfreut. "Der Ball wurde in den vergangenen Wochen immer wieder hin- und hergespielt", sagt Edgar Wutscher, Obmann der Kurie der niedergelassenen Ärzte in der Österreichischen Ärztekammer, dem STANDARD. Die Kammer sei also zwischen den Ministerien hin- und hergeschickt worden, so Wutscher. Er hoffe, dass man nächste Woche "den Sack zumachen kann".

Die Ärzte wollen eine Erhöhung ihrer Tarife um 80 Prozent, das klinge "schrecklich", sei aber angebracht, da diese seit 28 Jahren nicht valorisiert worden seien und nun auch noch eine hohe Inflation herrsche. Derzeit bekommen Medizinerinnen und Mediziner ein Honorar von 18,02 Euro für eine Mutter-Kind-Pass-Untersuchung, abgerechnet wird über die Kasse. Insgesamt gehe es um jährliche Kosten von 15 bis 16 Millionen Euro.

Am Dienstag hatte die Ärztekammer Oberösterreich bekanntgegeben, aus dem Mutter-Kind-Pass auszusteigen, sofern es zu keiner Tariferhöhung kommt. Ende Juni 2023 wäre der nächstmögliche vertraglich geregelte Zeitpunkt. Zuvor hatten bereits die Ärztekammern in Wien, Niederösterreich und der Steiermark bekanntgegeben, das aktuelle Modell zu verlassen – und zwar bereits Ende März 2023. Bei einer Einigung mit dem Gesundheitsministerium wären diese Beschlüsse aber obsolet.

Erfolgsmodell für Kinder und Schwangere

Der Mutter-Kind-Pass gilt als Erfolgsmodell der Vorsorgemedizin in Österreich. Seit vielen Jahren gibt es Bestrebungen, den Mutter-Kind-Pass eventuell zu erweitern und auf neue Beine zu stellen. Er soll jedenfalls in Eltern-Kind-Pass umbenannt werden und in Zukunft auch in elektronischer Form kommen. Immer wieder diskutiert wurde auch eine Ausweitung auf Kinder bis 18 Jahre, derzeit umfasst er Untersuchungen in der Schwangerschaft der Mutter bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes.

Beispielsweise enthält das Programm für in Österreich gemeldete Schwangere drei kostenfreie Ultraschall-Untersuchungen (auf Kasse) sowie eine Hebammenberatung. Beim Neugeborenen sind ebenfalls Untersuchungen auf Kasse vorgesehen, darunter orthopädische und augenärztliche. Um möglichst viele Familien dazu zu bewegen, diese Vorsorge wahrzunehmen, ist das Absolvieren der für die Schwangerschaft und die ersten beiden Lebensjahre vorgesehenen Untersuchungen der Krankenkasse vorzuweisen. Wer die wichtigsten gemacht hat, kann das Kinderbetreuungsgeld in voller Höhe beziehen, andernfalls drohen Abzüge. Dem Mutter-Kind-Pass liegt auch der Impfpass bei. Viele darin enthaltene Schutzimpfungen sind für Kinder bis zum 15.Lebensjahr in Österreich kostenlos. (David Krutzler, Gudrun Springer, 10.11.2022)