Vier Millionen Kulturtickets bleiben anno 2022 an den Vorverkaufsstellen liegen: Ein neues Buchungsportal garantiert Vereinfachungen.

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Vier Millionen Plätze werden anno 2022 in den Tempeln heimischer Kulturveranstalter leer bleiben: Österreichs Bühnen leiden spätestens seit Ausbruch der Pandemie unter anhaltendem Publikumsschwund. Sind die Menschen nur verunsichert – oder mit der Vielzahl von Buchungsmöglichkeiten schlichtweg überfordert? Ein neuer Schlüssel zur Lösung des Problems: Anbieter Oeticket schließt den Eintrittskartenmarkt unter ein- und demselben Dach zusammen.

Das Neo-Portal klassikticket.at nimmt von nun an so unterschiedliche Genres wie Oper, Operette, Ballett, Klassik, Theater, Musical und Jazz in seine Obhut. 500 Institutionen der Hochkultur, die gemeinsam 10.000 Veranstaltungen anbieten, finden in ein- und derselben Buchungszentrale Platz. Neben Burg und Oper kann man auch für eines der Landestheater, für Musikverein oder Konzerthaus um Tickets einkommen – der logistische Aufwand bleibt für die Kundin, den Kunden gleich.

Ihr Abo muss die geneigte Hochkulturfreundin nach wie vor beim jeweiligen Stamminstitut buchen. Die Häuser ihrerseits entscheiden, welche ihrer Veranstaltungen sie von "klassikticket" vermitteln lassen wollen. Die Firma streift für jede vorgenommene Buchung 2,50 Euro ein.

Zur Erinnerung: Die Kultureinrichtungen registrieren seit Ausbruch von Covid Besucherrückgänge von 20 bis 60 Prozent gegenüber den vorherigen Vergleichszahlen. Oeticket brachte einst, in üppigeren Zeiten, 11,7 Millionen Tickets an den Mann, die Frau. Die spürbar werdende Auszehrung besitzt eine Vielzahl von Ursachen, wie auch CTS-Eventim-Chef Austria Christoph Klinger versicherte – im Wiener Volkstheater, wo klassikticket.at vorgestellt wurde.

Allerlei Stolpersteine

Die Zahl der Hofratswitwen ist im Sinken begriffen. Auch entscheiden die Menschen immer kurzfristiger über Kulturkonsum. Darüber hinaus grassieren Vorurteile über die Kostspieligkeit kulturellen Genusses. Klinger: "Menschen, die, ohne mit der Wimper zu zucken, 280 Euro für Helene-Fischer-Produkte ausgeben, schrecken vor dem Kauf eines Staatsoperntickets zurück!" Andere Stolpersteine sind digitaler Natur: Registrierungserschwernis "mit 1.001 Passwörtern". Oder man scheut Frackzwänge und fürchtet die Verpflichtung zum Umbinden eines Kulturstricks.

Von nun an können die Häuser unter dem Schutz des Portals Subseiten zur Eigenwerbung kreieren. Der Konsumentin wird es möglich sein, sich an Podcasts zu laben. Eine Kooperation mit der Zeitschrift "Bühne" soll allfälligen Wissenshunger zuverlässig stillen. Und doch wird es damit noch nicht getan sein, wie Michael Nemeth vom Grazer Musikverein erklärte: "Wir müssen unseren Optimismus mit neuen Angeboten unterfüttern: Konzerten ohne Pause, einer früheren Öffnung des Foyers!" Und der Weitergabe liegengebliebener Karten an Schwächere, weniger Betuchte: Studenten etwa, und Geflüchtete. Die kehren nämlich wieder. (Ronald Pohl, 10.11.2022)