Der Eingang des berüchtigten Evin-Gefängnisses am nördlichen Stadtrand von Teheran.

Foto: Majid Asgaripour/WANA (West Asia News Agency) via REUTERS

Spontaner Jubel und Applaus brandeten auf, als Giorgio Mulé in seiner Eigenschaft als Vizepräsident der italienischen Abgeordnetenkammer kurz nach Donnerstagmittag das Wort ergriff. "Ich habe eine gute Nachricht für euch: Nach intensiven diplomatischen Bemühungen haben die iranischen Behörden heute Alessia Piperno freigelassen. Sie beeilt sich, nach Italien zurückzukehren. Die Ministerpräsidentin (Giorgia Meloni, Anm.) hat ihre Eltern vor wenigen Minuten telefonisch informiert."

Freiheit nach 43 Tagen Haft: Alessia Piperno

Alessia Piperno, eine 30-jährige Reisebloggerin aus Rom, deren Markenzeichen es ist, weltweit vornehmlich allein unterwegs zu sein, war am 28. September – dem Tag ihres Geburtstags – in Teheran festgenommen worden. Sie habe sich, aus Pakistan kommend, an diesem Tag eher zufällig in der iranischen Hauptstadt aufgehalten, berichtet die italienische Tageszeitung "La Repubblica". Das Timing erwies sich aber als folgenschwer: Justament an diesem Tag kam es zu großen Protestkundgebungen gegen den gewaltsamen Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini.

Aufenthalt im Evin-Gefängnis

Gemäß italienischen Berichten sei Piperno – die sich gern als "digitale Nomadin" bezeichnet – ohne Angaben von Gründen festgenommen und in das berüchtigte Evin-Gefängnis gesteckt worden. Offenbar waren die Behörden davon ausgegangen, dass die Italienerin mit den Protesten zu tun hatte oder diese sogar unterstützte.

Nach Angaben des Südtiroler Online-Mediums stol.it habe die Familie der 30-Jährigen nach der Festnahme nichts mehr von ihr gehört. Erst am 3. Oktober sei es Piperno gelungen, vom Gefängnis aus telefonisch mit ihren Angehörigen in Kontakt zu treten. Sie habe berichtet, mit Freunden bzw. Bekannten auf der Straße unterwegs gewesen zu sein, um ihren Geburtstag zu feiern. Mit den Protesten habe sie nichts zu tun gehabt.

Medienberichten zufolge stand das italienische Außenministerium seitdem in ständigem Kontakt mit dem iranischen Gegenüber, zuletzt verhandelten auch die beiden Ressortchefs – Antonio Tajani und Hossein Amirabdollahian – über den Fall. Dem Vernehmen nach wurde die Familie der italienischen Gefangenen während der Verhandlungen gebeten, in der Öffentlichkeit zur Sache zu schweigen. (Gianluca Wallisch, 10.11.2022)