Musik kann nicht nur dabei helfen, politische Ereignisse zu verarbeiten, sondern diese auch mit einem ironischen Blick von ihrer Schwere zu erleichtern. Laut dem satirischen Spotify-Rückblick der "Tagespresse" wurde das Jahr 2022 von Niederösterreichs Landeshauptfrau Mikl-Leitner (ÖVP) – die in der Mitte des letzten Jahres den heftig kritisierten Ratschlag gegeben hat, auf drei statt zehn Ballkleider zu setzen –mit dem Song "Kleid deiner Mutter" von K.I.Z. und Karate Andi beschrieben.

Musik spielte nicht erst im vergangenen Jahr eine tragende Rolle in der österreichischen Politik. Ein kurzer Rückblick in das Jahr 2019: "Whoah! We're going to Ibiza" – aufgrund dieser Zeile der Venga Boys wird ein Song aus dem Jahr 1999 nach 20 Jahren hierzulande wieder berühmt. Grund dafür war das Ibiza-Video, welches Heinz-Christian Strache bei einem Treffen mit einer vermeintlichen Oligarchin zeigte – der Rest ist Geschichte. Und so kam es, dass vor vier Jahren die Venga Boys auf dem Heldenplatz auf einer mobilen Bühne vor einer jubelnden Menge auftraten:

Das Ibiza-Video markiert einen Moment, in dem die österreichische Politik an Geschwindigkeit zunahm: Innerhalb von drei Jahren zählte Österreich eine Bundeskanzlerin sowie drei Bundeskanzler, während weitere Affären zutage traten. So gab Sebastian Kurz unter anderem aufgrund von Korruptionsvorwürfen seinen Rücktritt bekannt. Zurückblickend auf seine Karriere meinte Kurz: "Ich für meinen Teil, ich war die letzten zehn Jahre mit hundertprozentiger Begeisterung dabei, und ich hatte immer enorme Freude an der politischen Arbeit." Wohl mit historischer Referenz auf die Kurz'sche Idee des "Geilomobils" unterlegte der SPÖ-Politiker Tarik Mete diese Rede mit dem Hit "Geile Zeit" von Juli:

Diverse Chats führten dazu, dass das Interagieren verschiedenster Akteure und Akteurinnen ans Licht gekommen ist. Bezeichnete sich Thomas Schmid in Nachrichten an Kurz noch als "Prätorianer", scheint ihr Verhältnis mittlerweile getrübt zu sein. So nahm Sebastian Kurz ein Gespräch mit Thomas Schmid über das "Beinschab-Tool" auf, das er der Staatsanwaltschaft vorlegte. Auch in dieser Causa ging die Politik in die Musik über, wurde schließlich im Juni des vergangenen Jahres eine Oper aus den Chat-Protokollen kreiert.

Auch in der SPÖ gibt es einen mehr oder minder offenen Konflikt, der sich nun schon über Jahre erstreckt: So ließ Hans-Peter Doskozil im November des letzten Jahres abfragen, ob er bei einer Nationalratswahl besser als Pamela Rendi-Wagner abschneiden würde. Ein Grund mehr, sich zu fragen, inwiefern das Intro der Fernsehserie "Friends" mit den Zeilen "I'll be there for you / When the rain starts to pour" und seiner Vorstellung von Freundschaft in der österreichischen Politik adäquat oder bereits überholt ist?

alliemaster93

Ihre musikalische Interpretation?

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