Camilla Nylund erhielt den Lotte-Lehmann-Gedächtnisring.

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"Wer hätte gedacht, was aus diesem Stimmchen alles werden kann", soll Camilla Nylund gesagt haben, als sie von ihrer Auszeichnung mit dem Lotte-Lehmann-Gedächtnisring erfuhr. Der Preis wird seit 1955 vom Staatsopern-Solistenverband an "herausragende Sängerinnen des deutschen Faches" verliehen. Lehmann, Leonie Rysanek und Hildegard Behrens trugen ihn auf Lebenszeit; seit Waltraud Meier wird er alle zehn Jahre vergeben.

Was aus dem "Stimmchen" geworden ist, stellte Camilla Nylund, die bereits im Wagner-Fach angekommen ist und Ende November am Haus ihr spätes Tosca-Debüt gibt, am Mittwochabend in Richard Strauss’ Ariadne auf Naxos erneut eindrucksvoll unter Beweis: Mit ihrem lyrischen, wohlig warmen und zugleich hochdramatischen Sopran ist sie eine umwerfend sinnliche Ariadne. Zum Niederknien ihre berückende Interpretation von Ein Schönes war zwischen Trauer und Verzweiflung. Überhaupt geriet die Wiederaufnahme von Sven-Erich Bechtolfs Inszenierung zum Fest der Stimmen, allen voran Serena Sáenz, die als kokette Zerbinetta ihr Staatsoperndebüt gab und sich mit Leichtigkeit durch das Strauss’sche Koloraturen- und Höhenfeuerwerk sang. Eine Sternstunde virtuoser Gesangskunst.

Die dritte Frau im Bunde, Kate Lindsey, gestaltete einen empfindsamen Komponisten, der zwar über atemberaubende Mezzohöhen verfügt, in den Tiefen allerdings von den Fortissimo-Aufwallungen des Orchesters (Dirigent: Thomas Guggeis) überdeckt wurde. Jochen Schmeckenbecher singt einen geschmeidigen Musiklehrer, der mit den Attitüden des süffisanten Haushofmeisters (Herbert Föttinger) "im Hause des reichsten Mannes von Wien" fertigwerden muss.

Etwas steif wirkte Eric Cutlers Bacchus, der die darstellerische Schwäche jedoch mit tenoralem Schmelz wettmachte. Auch sonst schnurrt Strauss’ tragisch-komödiantisches Meisterwerk vorbildlich über Rolf Glittenbergs Jugendstilbühne. Das Nymphenterzett betört, während die vier Komödianten, angeführt von Michael Arivony als Harlekin, leichtfüßig über das Parkett tanzen. Jubel. (mda, 10.11.2022)