Im Umgang mit Geflüchteten auf der Ocean Viking hätten sich Italiens Behörden unprofessionell verhalten, sagt Frankreichs Innenminister Darmanin.

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Rom – Neun EU-Länder haben zugesagt, zwei Drittel der 234 Menschen auf dem Rettungsschiff Ocean Viking aufzunehmen. Dieses traf am Freitag im südfranzösischen Toulon ein. Deutschland werde mehr als 80 Personen aufnehmen, sagte der französische Innenminister Gérald Darmanin dem Sender TF1 am Donnerstagabend.

Auch Kroatien, Rumänien, Bulgarien, Litauen, Malta, Portugal, Luxemburg und Irland würden im Namen der "europäischen Solidarität" Migrantinnen und Migranten aufnehmen, so Darmanin. Er betonte, dass diejenigen, denen kein Asyl gewährt werden könne, direkt in ihr Herkunftsland ausreisen würden.

"Die Situation an Bord der Ocean Viking ist sehr ernst, wir haben bereits vier Personen in Bastia evakuiert. Sie wurden ins Krankenhaus gebracht. An Bord befinden sich 57 Kinder, einige sind sehr krank. In dieser Situation hat sich Italien sehr unmenschlich verhalten", kritisierte Darmanin. "Die italienischen Behörden haben sich unprofessionell verhalten, sie haben das Schiff 20 Tage lang auf See gehalten, ohne etwas zu entscheiden." Er kündigte schärfere Kontrollen an der Grenze zu Italien an. "500 französische Polizisten sind bereits an der italienischen Grenze", erklärte Darmanin.

"Schwere psychische Belastungen"

Unterdessen hat das Rettungsschiff Geo Barents den Hafen der sizilianischen Stadt Catania verlassen, um den Hafen von Augusta etwas weiter südlich zu erreichen. Nach dem Wechsel der Besatzung wird es zu seinem 20. Einsatz im zentralen Mittelmeer starten. Das Schiff der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen war am Sonntag mit 572 Schiffbrüchigen an Bord in Catania eingetroffen. 357 Personen waren sofort von Bord gegangen, vier weitere folgten. Die 211 Verbliebenen wurden am Dienstag nach medizinischen Untersuchungen durch die Gesundheitsbehörden, die "schwere psychische Belastungen" feststellten, von Bord gelassen.

Die Spannungen mit Frankreich sorgten für Irritation in der italienischen Regierung, die mit der neuen Premierministerin Giorgia Meloni einen harten Kurs in Sachen Migration eingeschlagen hat. "Die Nervosität einiger französischer Politiker angesichts der Ankunft von 234 Einwanderern auf Schiffen ist unerklärlich. In Italien gab es seit Jahresbeginn fast 90.000 Anlandungen, von denen Frankreich nur 38 und die anderen EU-Länder nur 117 aufgenommen haben", schrieb Italiens Vizepremier und Infrastrukturminister Matteo Salvini in sozialen Medien. "Italien sollte das Land sein, das protestiert, nicht die anderen."

"Es steht nirgendwo geschrieben, dass alle Migranten zu uns kommen müssen. Wir sind bereit, die Menschen aufzunehmen, aber wir müssen die Interessen Italiens verteidigen", erklärte Italiens Außenminister Antonio Tajani.

Tunesische Küstenwache: 794 Menschen gerettet

Die tunesische Küstenwache hat unterdessen 794 Migranten aus dem Mittelmeer gerettet, darunter 776 mit unterschiedlichen afrikanischen Nationalitäten und 18 Tunesier. Das teilte der Sprecher der Nationalgarde in Tunis auf Facebook mit. (APA, red, 11.11.2022)