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Ups, das Toilettenpaper ist blutig! Eine Folge von Hämorrhoiden oder noch Schlimmeres, wie ein entarteter blutender Darmpolyp? Nicht wenige Menschen stellen sich von Zeit zu Zeit diese beunruhigende Frage. Schätzungsweise jeder Zweite über 50 und jeder Dritte über 30 hat nämlich ein Hämorrhoidenleiden. Aber niemand redet gerne darüber. Deshalb beantworten wir die wichtigsten Fragen.

Was machen Hämorrhoiden, und warum sind sie so wichtig?

Hämorrhoiden sind ein Geflecht aus Blutgefäßen. Als Schwellkörper am unteren Ende des Mastdarms dichten Sie gemeinsam mit dem Schließmuskel den Darmausgang ab. Arbeitet der Schwellkörper nicht mehr richtig, kann es im schlimmsten Fall zur Darminkontinenz kommen. Das heißt, dass Stuhl aus dem After austreten und zu ziemlich peinlichen Situationen führen kann. Im frühen Stadium macht sich das Hämorrhoidalleiden durch häufiges Jucken und gelegentliches Nässen am After sowie durch Blutungen bemerkbar, die am leicht blutigen Toilettenpapier und an Blutstropfen oder verschmiertem Blut auf dem Stuhl erkennbar sind. Mitunter schmerzt der After, oder es entsteht ein Druckgefühl. Treten derartige Beschwerden auf, ist es ratsam, einer weiteren Verschlimmerung vorzubeugen und die kranken Hämorrhoiden behandeln zu lassen. Das geht ambulant und weitestgehend schmerzfrei. So sind spätere operative Eingriffe vermeidbar.

Was verursacht die krankhafte Veränderung der Hämorrhoiden?

Druck auf den Schwellkörper spielt eine große Rolle, etwa durch Übergewicht, Schwangerschaft oder falsches Stuhlverhalten. Presst man während des Toilettengangs stark, zum Beispiel weil man an Verstopfung leidet, kann das Blut nicht abfließen und staut sich auf. Die Blutgefäße schwellen an, die Hämorrhoiden stülpen sich durch den After mehr oder weniger nach außen. Ist dies der Fall, liegt ein Hämorrhoidalleiden vor.

Wie kann man dem Leiden an sich und seinem Fortschreiten vorbeugen?

"Zunächst sollte man Verstopfungen vermeiden. Das geht mit einer ballaststoffreichen Ernährung, viel Trinken und Bewegung. Das ist wichtig, damit man beim Toilettengang nicht pressen muss", sagt der Freiburger Enddarmspezialist Bernhard Strittmatter. Ballaststoffreich sind zum Beispiel Vollkornprodukte, Kleie, Flohsamenschalen, Leinsamen, Hülsenfrüchte, Nüsse, Trockenfrüchte wie Pflaumen und Aprikosen, Gemüse und frisches Obst. "Außerdem sollte man nur drei bis fünf Minuten auf der Toilette sitzen und nicht dort Zeitung lesen, mit dem Handy spielen oder E-Mails beantworten", warnt Strittmatter alle Toilettenlangzeitsitzer. "Je länger man in der Toilettenhaltung verweilt, desto mehr Blut sammelt sich in den Hämorrhoiden an und dehnt das Gewebe." Also vorsichtshalber die Toilette zur handy- und zeitungsfreien Zone machen. Dann geraten Sie nicht in Versuchung.

Warum ist es wichtig, eine Behandlung nicht auf die lange Bank zu schieben?

Je länger die Betroffenen sich vor dem Arztbesuch drücken, desto aufwendiger wird die Behandlung. Außerdem ist es wichtig, dass abgeklärt wird, ob etwaiges Blut tatsächlich von blutenden Hämorrhoiden stammt. "Das Blut kann genauso gut von einem Polypen oder gar Darmkrebs stammen, die weiter oben im Darm wachsen", so Strittmatter. "Eine Spiegelung von Enddarm und Dickdarm kann dann lebensrettend sein. Diese Untersuchungen sind schmerzfrei, da brauchen Sie weder Angst noch Scheu zu haben."

Was kann jeder selbst gegen Akutbeschwerden tun?

Zur Basisbehandlung gehören bei Schmerzen Lidocain-haltige Salben. Gegen den Juckreiz und für den Schutz der Haut eignet sich eine Zinkpaste. "Außerdem helfen Cremes mit Hamamelis- oder Kamillen-Extrakt sowie die antiseptisch wirkende Gerbstoffverbindung Bismutgallat", rät Strittmatter. Letzteres ist auch in Kombination mit Lokalanästhetika erhältlich. "Richtig ist es, den After mit Wasser und Seife abzuwaschen und dann eine Babycreme wie Penaten oder Bepanthen als Hautschutz zu verwenden", rät der Freiburger Koloproktologe. Von Fettsalbe, die Radfahrer gerne verwenden, rät Strittmatter ab. "Fettsalben sind nicht gut, weil sie eine wasser- und luftundurchlässige Schicht auf der Haut bilden."

Welche Therapieoptionen gibt es?

Bei Erkrankungsbeginn kann der Arzt die von außen noch nicht sichtbaren Hämorrhoidalknoten verkleinern, indem er ein Sklerosierungsmittel (Polidocanol) in die Hämorrhoiden einspritzt, damit sie schrumpfen und sich verkleinern. "Kommen die Hämorrhoidalknoten beim Pressen schon fast nach außen, gehen aber wieder von allein zurück, dann ist die Gummibandligatur das optimale Verfahren", so Strittmatter. Dabei wird ein Ring auf die vergrößerten Hämorrhoiden angebracht und so die Blutzufuhr unterbunden. Die Hämorrhoide schrumpft, das Gewebe stirbt ab und fällt gemeinsam mit dem Ring nach ein bis zwei Wochen ab. "Jeder Zweite muss sich allerdings nach ca. vier Jahren erneut behandeln lassen", sagt Strittmatter.

"Im weiter fortgeschrittenen Stadium treten die Hämorrhoiden hervor. Dann kann ebenfalls die Gummibandligatur eingesetzt werden." Außerdem kann der Enddarmspezialist das Blutgefäß, das die Hämorrhoiden mit Blut versorgt, mit einem Faden minimalinvasiv abbinden und so "trockenlegen". Das lässt den Hämorrhoidalknoten schrumpfen. Ärzte sprechen von einer Hämorrhoiden-Arterien-Ligatur (HAL). Zusätzlich kann der geschädigte Analkanal "restauriert" werden, das wird als Rectal Anal Repair (RAR) bezeichnet. Der Gefäßknoten wird anatomisch richtig im Analkanal angenäht. Direkt nach der Operation können abhängig von der verwendeten OP-Technik für ein bis drei Wochen Schmerzen bei Stuhlentleerung und Sitzen, mitunter ein Toilettendranggefühl, Wundinfekte und Nachblutungen auftreten. Das Rückfallrisiko ist aber kleiner als bei Sklerosierung und anderen Methoden.

Im nächsten Stadium des Hämorrhoidalleidens sind die Hämorrhoidalknoten dauerhaft draußen, was eine Inkontinenz mit Nässen und Stuhlschmieren verursacht. Hier müssen die stark vergrößerten Hämorrhoiden unter Narkose operativ entfernt werden. Gegebenenfalls muss auch der Analkanal wiederhergestellt werden. Dafür gibt es verschiedene Verfahren. "Damit können die Beschwerden aber meist dauerhaft vollständig beseitigt werden", erklärt Strittmatter. (Gerlinde Felix, 19.11.2022)