Tausende Menschen versuchen von Frankreich über die Meerenge nach Großbritannien zu gelangen.

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Wien – Mehr als 120.000 Menschen warten in Großbritannien auf eine Bearbeitung ihres Asylantrags. Von Dezember 2017 bis Juni 2022 habe sich die Zahl auf 122.206 fast vervierfacht, teilte die Flüchtlingsorganisation Refugee Council am Montag unter Berufung auf Zahlen des Innenministeriums mit. Vor allem der Anstieg in den vergangenen eineinhalb Jahren sei extrem hoch.

Restriktiver Kurs

Ein Drittel der Antragsteller wartet demnach seit ein bis drei Jahren auf eine Bearbeitung. 725 Menschen, darunter 155 Kinder, würden seit mehr als fünf Jahren im Unklaren gelassen, hieß es.

Die konservative Regierung versucht seit längerem, gegen illegale Überquerungen des Ärmelkanals vorzugehen. So sollen Menschen, die unerlaubt nach Großbritannien kommen, ins ostafrikanische Ruanda gebracht werden, um dort ihren Asylantrag zu stellen. Die Rückkehr nach Großbritannien soll ihnen verwehrt bleiben. 2022 sind bisher mehr als 40.000 Menschen über die Meerenge ins Land gelangt, so viele wie nie zuvor in einem Jahr. Wegen überfüllter Auffanglager zahlt die Regierung nach eigenen Angaben 6,8 Millionen Pfund (7,77 Millionen Euro) täglich für die Unterbringung von Asylwerbern in Hotels. Ein Abkommen mit Frankreich soll helfen, die Zahlen deutlich zu senken.

Kritik von Hilfsorganisation

"Diese Menschen kamen auf der Suche nach Sicherheit nach Großbritannien", sagte der Chef von Refugee Council, Enver Solomon. "Aber sie sind zu Jahren der Sorge und Unsicherheit verurteilt, mit einem schweren Tribut an ihrer psychischen Gesundheit, anstatt in ihrer neuen Gemeinschaft Wurzeln schlagen und ihr Leben neu aufbauen zu können." Solomon forderte die Regierung zu Sofortmaßnahmen auf, um den immensen Rückstau von Asylanträgen anzugehen. Dazu zähle, mehr Personal einzustellen und besonders gefährdete Menschen sowie jene, die bereits mehr als zwei Jahre warten, zu bevorzugen.

Ein Sprecher des britischen Innenministeriums verwies darauf, dass die Rekordzahl an Ankommenden das Asylsystem unter erheblichen Druck setze. Die Regierung tue, was sie könne, und habe bereits die Zahl ihrer Sachbearbeiter deutlich erhöht. Gleichzeitig solle die Zahl der Entscheidungsträger erhöht sowie die Schulungs- und Aufstiegsmöglichkeiten verbessert werden. (APA, 14.11.2022)