FTX hat Insolvenz beantragt.

Foto: APA/AFP/STEFANI REYNOLDS

Nach dem Insolvenzantrag der Kryptobörse FTX hat die Polizei der Bahamas Ermittlungen aufgenommen. In Anbetracht des globalen Kollapses von FTX untersuche ein Team von Finanzermittlern in enger Zusammenarbeit mit der Wertpapieraufsicht des Inselstaates, ob kriminelles Fehlverhalten vorliege, teilte die Polizei am Sonntag mit. Auf den Bahamas sind das internationale Geschäft von FTX sowie der zurückgetretene Chef Sam Bankman-Fried ansässig.

Die Wertpapieraufsicht hatte zuvor angegeben, das Unternehmen stehe unter Verdacht, unter anderem Kundengelder veruntreut zu haben. Bankman-Frieds internationale Kryptoplattform FTX.com war vor einer Woche in Zahlungsschwierigkeiten geraten, nachdem Zweifel an den Kapitalreserven zu einer Kundenflucht und Mittelabzügen im Milliardenvolumen geführt hatten. Am Mittwoch sah es zunächst so aus, als ob der Konkurrent Binance den Großteil des angeschlagenen Konzerns übernehme. Doch dieser Plan scheiterte am Tag darauf.

Vermögen eingefroren

Am Donnerstag teilte die Wertpapieraufsicht der Bahamas mit, bestimmte Vermögenswerte von FTX eingefroren und einen Insolvenzverwalter für die Abwicklung beantragt zu haben. Am Freitag beantragte FTX nach eigenen Angaben Gläubigerschutz in den USA, Bankman-Fried gab seinen Rücktritt als Chef bekannt. Der 30-Jährige erklärte aber, er wolle die Übergabe an den neuen Chef John J. Ray III. begleiten.

Der Justiziar der US-Tochter von FTX, Ryne Miller, teilte am Samstag auf Twitter mit, es habe "nicht autorisierte Transaktionen" gegeben. Die britische Analysefirma Elliptic äußerte die Vermutung, dass am Freitagabend Kryptowerte im Umfang von 473 Millionen Dollar (458,87 Mio. Euro) von FTX gestohlen worden seien.

Bankman-Fried hatte als 30-jähriger Starunternehmer noch vor wenigen Monaten Titelseiten von renommierten US-Wirtschaftsblättern geziert. Sein zeitweise von Investoren mit 32 Milliarden Dollar bewertete Firma fiel binnen weniger Tage komplett in sich zusammen. Das FTX-Debakel belastete auch den ohnehin arg gebeutelten Kryptomarkt.

Hackerangriff

Die auf Cyberwährungen spezialisierte Nachrichtenwebsite CoinDesk berichtete von einem Hackerangriff auf die Kryptobörse. "FTX ist gehackt worden", habe ein Administrator des Unternehmens in einem nicht öffentlichen Support-Kanal auf dem Nachrichtendienst Telegram geschrieben. FTX habe seine Kunden aufgerufen, FTX-Apps zu löschen und die FTX-Internetseite zu meiden. Reuters konnte den Wahrheitsgehalt dieser Angaben zunächst nicht überprüfen.

Nach Angaben von Insidern soll bei FTX mindestens eine Milliarde Dollar an Kundengeldern verschwunden sein. Bankman-Fried habe heimlich zehn Milliarden Dollar an Kundengeldern von FTX zu seinem eigenen Handelsunternehmen Alameda Research transferiert, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen am Samstag Reuters. Ein Teil dieser Summe sei verschwunden. Die Insider, die bis vor Kurzem leitende Positionen bei FTX innehatten, schätzten, dass sich der fehlende Betrag auf ein bis zwei Milliarden Dollar belaufe. Die Finanzlücke sei aus Unterlagen hervorgegangen, die Bankman-Fried am vergangenen Sonntag anderen FTX-Managern zur Verfügung gestellt habe.

Nur ein Missverständnis?

Bankman-Fried widersprach, es habe sich nicht um eine heimliche Transaktion gehandelt. Es habe jedoch Missverständnisse bei der Verbuchung gegeben, erklärte er in einer Textnachricht an Reuters. Er halte sich auf den Bahamas auf, teilte auf Anfrage mit und wies damit Spekulationen zurück, er sei nach Argentinien geflogen. Am Freitag hatte Bankman-Fried auf Twitter erklärt, er sei überrascht von den Vorgängen bei von ihm gegründeten Krypotobörse und müsse sich selbst erst einen Überblick über die Ereignisse verschaffen. (APA, 14.11.2022)