Foto: Netflix

Die Wiese ist grün, Blumen recken ihre Köpfchen in die Höhe, ein Kaninchen hopst übers Feld, die Sonne hat das Gesicht eines glücklichen Babys, es strahlt und gluckst. Hinter diesen Hügeln, das ist jedem bekannt, liegt seit Montag wieder das Teletubby-Land. Und jetzt alle: Ah-oh!

Netflix Jr.

Ein Vierteljahrhundert nach dem ersten Auftritt holt Netflix die Teletubbies wieder vor die Kamera. In 26 jeweils 15-minütigen Folgen gehen die vier Kuschelmonster ihrem Sendeauftrag nach, der ist unverändert und heißt: Spaß haben und machen. Sie fangen Puddingblasen, spielen Verstecken, lassen Ballons steigen, kochen Tubby-Toast, fahren Tubby-Lift, tanzen Tubby-Tanz. Sie sagen entweder "ah" oder "oh" oder "ah-oh", sie knuddeln, weil sie einander liebhaben und Freunde ganz toll finden – Letzteres einmal sogar eine ganze Folge lang –, und wackeln mit ihren Teletubby-Popos. Sie sind wieder da.

Was es war

Von 1997 bis 2002 produzierte die BBC ein Programm für Vorschulkinder. Vier pummelige Wesen hopsten in für Kleinkinder nachvollziehbarer langsamer Geschwindigkeit und verständigten sich in einfacher Sprache, die sich auf wenige, fortlaufend wiederholte Begriffe beschränkte. Verblödungsprogramm für Kinder, wetterten die einen, pädagogisch wertvolle Medienerziehung sahen die anderen. Die Kinder sagten: "Ah-oh" und "Winke-winke".

Gespielt wurden die Trolle damals wie heute von echten Menschen. Während mittlerweile vieles am Computer entsteht, dürften die Drehs vor 25 Jahren einigermaßen fordernd gewesen sein. Darsteller berichten von dampfenden Erfahrungen. Aber nicht nur die Kostüme sorgten für Ungemach. Im Hintergrund hoppelnde Hasen freuten sich ihres Lebens und rammelten bei jeder Gelegenheit, sodass die Drehs immer wieder gestoppt werden mussten. Was für die Darsteller noch mehr Zeit und Qual im Fellkostüm bedeutete.

Gar den Ruf eines "Hasenmörders" erwarb sich die Serie, nachdem bekannt wurde, dass zahlreiche Tiere während des Drehs verendeten. "Die Hasen mussten groß sein, um in den Maßstab zu passen. Die einzigen geeigneten, die wir finden konnten, waren auf dem Kontinent gezüchtet worden, um gegessen zu werden", erinnerte sich Anne Wood, die neben Andrew Davenport die Serie ent wickelte.

Hasenspiele

"Wir boten ihnen perfekte Bedingungen, sie liefen frei über die Teletubby-Grasflächen, aber ihre Zucht hatte ihnen ein vergrößertes Herz beschert, und fast wöchentlich begrüßte mich der Tiertrainer verzweifelt und teilte mir mit, dass ein weiteres Tier gestorben war." Sieben von elf seien so ums Leben gekommen. Wood: "Aber wenigstens sind sie glücklich gestorben."

Ähnlich legendär ist der Wirbel um Tinky Winky. Der US-Fernsehprediger Jerry Falwell identifizierte den lilafarbenen Teletubby wegen seiner roten Handtasche und seiner dreieckigen Antenne als schwul und nannte ihn eine Gefahr für eine gesunde sexuelle Entwicklung von Kindern.

Fluide Wesen

Dass alle vier vorausschauend mit unspezifischem Geschlecht und ohne Genderprägung entwickelt wurden, floss einfach mit ein. Catherine Williams, Autorin der 2016 bereits zum ersten Mal wiederbelebten Serie, hat auch die neuen Folgen geschrieben.

Medienpädagogin: Hype von damals nicht zu erwarten

Vor 25 Jahren waren die Teletubbies geliebt und gefürchtet. Psychologinnen und Experten waren der Auffassung, dass Fernsehkonsum für Kinder unter drei Jahren irreversible Gesundheitsschäden hervorrufen könne. DER STANDARD fragte dazu die Medienpädagogin Barbara Buchegger.

STANDARD: Können die Teletubbies Kindern schaden?

Buchegger: Die Diskussion stellt sich heute nicht mehr. Die Mehrheit der unter Dreijährigen hat bereits Bildschirmerfahrung. Nicht zuletzt Pandemie und Homeoffice haben dazu beigetragen, und Eltern sind daran beteiligt. Laut einer Studie von 2016 findet der Einstieg ins Internet rund um den ersten Geburtstag statt. Heute kommt es eher auf die Zeit an, wie lange ein Kind vor dem Bildschirm verbringt, was es konsumiert – sind es langsame Bilder, oder ziehen sie sich schnelle Videos auf Youtube rein? Teletubbies waren für das ganz junge Publikum gemacht und sehr langsame Formate, damit die Kinder in der Lage waren, es zu verarbeiten. Ich hoffe, das sind die neuen Teletubbies auch.

STANDARD: Kein Schaden also, aber sahen Sie einen Nutzen?

Buchegger: Die Teletubbies haben die Kinder in ihrer Sprache geprägt. Es gab das Phänomen, egal, wo die Kinder waren, alle konnten sich miteinander unterhalten, weil die Teletubbies-Sprache eine Universalsprache wie Esperanto war.

STANDARD: Kann es derselbe Hype werden?

Buchegger: Wir haben heute ganz andere Zeiten, es gibt eine Vielzahl von Angeboten, Fernsehen, Streaming, Bewegtbilder. Ein Hype wie damals erscheint mir deshalb unwahrscheinlich. Nicht einmal die derzeit beliebtesten Kinderserien Paw Patrol oder Peppa Wutz haben solche umfassenden Auswirkungen. Wenn es einen Hype gibt, ist es eher einer, der medial gemacht wird.

STANDARD: Damals haben sich viele Sorgen um die Sprachentwicklung der Jüngsten gemacht und das "Ah-oh" war tatsächlich in aller Kindermunde. Droht das wieder?

Buchegger: Dass mein Kind nur noch "Lala" und "Winke-winke" sagt, kann natürlich im Einzelfall eintreten, wenn ein Kind keine andere Personen hat, die mit ihm kommunizieren. Sehr wahrscheinlich ist es aber nicht. Kinder leben in einem größeren Kontext und bewegen sich für gewöhnlich in einem viel größeren Einflussbereich. Umso wichtiger ist, dass Mama und Papa selbst nicht auf ihren Bildschirmen kleben. Haben die Kinder Bezugspersonen, lernen sie Emotionen auszudrücken, lernen sie ein vielfältiges Vokabular oder ist das sehr eingeschränkt: Das ist im Endeffekt viel relevanter als eine einzelne Fernsehsendung. (Doris Priesching, 15.11.2022)