Wie alle Regeln des Zusammenlebens muss auch das Strafgesetz laufend an gesellschaftliche Entwicklungen angepasst werden. Beim heimischen Verbotsgesetz sind Änderungen immer besonders heikel, weil Österreich die historisch begründete Verpflichtung hat, neonazistische Umtriebe im Keim zu ersticken. Umso wichtiger ist, bei Updates des Gesetzes strikt, aber auch differenziert vorzugehen.

Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) präsentieren die Reform des Verbotsgesetzes.
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In diesem Sinne sind auch die Änderungen zu sehen, die Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) nun vorgeschlagen haben. Neu ist unter anderem der automatische Amtsverlust für einschlägig verurteilte Beamte. Außerdem soll künftig jegliche, und nicht nur gröbliche, Verharmlosung des Holocaust unter Strafe gestellt werden – eine Reaktion auf die Versuche von (oft rechtsradikalen) Impfgegnern, sich mit vom Naziregime systematisch verfolgten Juden zu vergleichen.

Die Reform enthält aber auch eine wesentliche Entschärfung: Auch Erwachsene sollen die Chance auf Diversion erhalten – etwa dann, wenn sie einmal ein Naziposting weitergeleitet haben. Gerade derartige Delikte häufen sich in sozialen Medien, und eigentlich sieht das Verbotsgesetz dafür lange Haftstrafen vor. Als Diversion schwebt den Ministerinnen der Besuch einer NS-Gedenkstätte oder die Verpflichtung zu Gesprächen mit Zeitzeugen vor. Ein kluger Vorschlag, dessen Umsetzung aber erst finanziert werden muss. (Michael Simoner, 14.11.2022)