Es ist noch nicht allzu lange her, da demonstrierten die Studierenden für bessere Studienbedingungen und eine Erhöhung des Uni-Budgets. Ebenfalls noch nicht so lange her ist es, da stand Bildungsminister Martin Polaschek noch als Rektor an der Spitze der Universität Graz. Nun ist alles anders: Die Rektorate rufen zum Protest und bitten Studierende um Solidarität. Martin Polaschek hat seine ehemalige Uni gegen sich. Sein Nachfolger, Peter Riedler, wandte sich schriftlich an die Uni-Angehörigen: "Ich lade Sie herzlich ein, dabei zu sein."

Vor rund einer Woche demonstrierten die Angehörigen der TU Wien mit Rektorin Sabine Seidler an der Spitze des Demozugs. Am Dienstag gehen die steirischen Unis auf die Straße.
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Am Dienstag gehen die Unis der Steiermark gemeinsam auf die Straße: Neben der Uni Graz sind die TU Graz, die Kunstuni Graz, die Medizinuni Graz und die Montanuni Leoben dabei. Die fünf Unis wollen klarmachen, dass auch sie mit den Mitteln ihre Leistungen drastisch herunterfahren müssten. In den Zusagen seien die Energiepreissteigerungen, die Inflation und erhöhten Personalkosten nicht abgebildet. In der vergangenen Woche demonstrierten die Angehörigen der TU Wien.

TU Graz fehlen 70 Millionen Euro

Allein an der TU Graz fehlten 70 Millionen Euro, insgesamt 94 Millionen wären für den Betrieb notwendig, 22 sind vom Bund zugesagt, erklärt TU-Sprecherin Barbara Gigler. Die Stromkosten, die vor allem die Labore betreffen, steigen pro Jahr von 3,5 auf zwölf Millionen Euro.Noch würden zwar die Hörsäle und Büros auf 21 Grad geheizt, aber auch hier seien im Winter Änderungen nach unten möglich. "Wenn schon die Rektoren und Rektorinnen zu solchen Mitteln wie Kundgebungen greifen, ist das ein ernstzunehmenden Zeichen", sagt Gigler.

Durch Einschränkungen beim Personal würden sich Abschlüsse verzögern, was sich auf den Arbeitsmarkt auswirke, da Studierende erst später in die Praxis einsteigen könnten, sagt Gigler. Der Uni-Senat sagt, es könnten rund 300 Mint-Absolventen weniger pro Jahr drohen.

"Die Ersten, die es spüren sind die Studierenden", sagt der Sprecher der Grazer Kunstuniversität, Hermann Götz. Hier fehlen elf Millionen Euro. Betroffen sei die Uni vor allem im Sektor der Personalkosten. Weniger Personal würde bedeuten "ein schlechteres, selteneres und weniger vielfältiges Angebot". Sollte nicht nachgebessert werden, müssten auch die Gastengagements verringert werden.

Leoben: "Gebot der Stunde"

Im Vergleich finanziell relativ entspannt ist die Montanuni Leoben. Sie generiert erhebliche Drittmittel, die Budgetsituation sei daher stabiler, es werde keinen Personalabbau, keinen Aufnahmestopp und keine Einschränkungen im Betrieb geben, sagt Uni-Sprecher Erhard Skupa. Die Montanuniversität werde "aber natürlich an der Kundgebung teilnehmen, das ist ein Gebot der Stunde". Es gehe um die "Sensibilisierung der Situation der heimischen Universitäten". Eines mache der Leobener Uni Sorgen: die Energiepreisentwicklung, die nicht abzuschätzen ist.

Die Unis haben ihr Budget für die Jahre 2022 bis 2024 mit dem Bildungsministerium Ende 2021 verhandelt. Mittlerweile sprechen die Rektorinnen und Rektoren von einem Budgetloch von 12,2 Milliarden Euro bis 2024. Das Ministerium sagte rund 500 Millionen plus zu.

Vor der Plenarwoche, in der sich der Nationalrat mit dem Budget befasst, meldete sich die Opposition zu Wort: "Bei den Unis braucht es jetzt finanzielle Nachbesserungen", sagte Neos-Wissenschaftssprecherin Martina Künsberg Sarre: Es scheine, als "wolle Polaschek in die Geschichtsbücher eingehen als derjenige, der sich am wenigsten um die Unis gekümmert hat. Die Grünen hätten jetzt die Gelegenheit, endlich Durchsetzungsfähigkeit zu zeigen, statt sich wieder wegzuducken wenn es ernst wird". Dass das Budget zu wenig ist, habe sogar die grüne Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger eingestanden, sagt Künsberg Sarre. Blimlinger sagte im ORF-Magazin "Hohes Haus" am Sonntag, dass die vom Wissenschaftsminister ausverhandelten 500 Millionen Euro mehr für 2023 und 2024 zu wenig seien. Es seien 900 Millionen oder "vielleicht sogar eine Milliarde" nötig, um den Betrieb zu sichern.

Budget im Parlament

Im Parlament steht ab Dienstag ein wahrer Sitzungsmarathon bevor. An gleich vier Tagen setzt sich der Nationalrat zusammen. Einen prominenten Platz nimmt das Budget der türkis-grünen Regierung ein: Die ersten drei Sitzungen sind den Finanzen des Jahres 2023 gewidmet.

Am Dienstag geht es in der Budgetdebatte bereits mit den beiden großen Themen Justiz und Inneres los, Tag zwei bietet neben der Bildung etwa Wirtschaft, Arbeit, Soziales und Gesundheit. Abgeschlossen wird am Donnerstag unter anderem mit Verteidigung und Klimaschutz. Beschlossen wird dabei etwa ein höherer Finanzrahmen für das Bundesheer. Kostenintensiv sind auch die Abschaffung der kalten Progression und die beschlossene Pflegereform.

Die Debatten darüber dürften jedenfalls hitzig werden: Bereits im Vorfeld gab es scharfe Kritik vonseiten der Opposition an der Regierung. Die SPÖ nennt das Budget eine "Steuergeldverschwendung ohne Wirksamkeit und ohne Zukunftsinvestitionen". Zudem wird über einen Neuwahlantrag der SPÖ abgestimmt, laut Klubobmann Jörg Leichtfried seien "rasche Neuwahlen" die einzige Lösung. Auch FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht im Budget eine "zukunftsvergessene und verantwortungslose Politik". Ähnlich argumentiert Neos-Obfrau Beate Meinl-Reisinger, ihr fehlen Strukturmaßnahmen in den Bereichen Bildung und Umwelt. (mue, ook, ste, 15.11.2022)