Samuel Bankman-Fried ist nicht in Argentinien untergetaucht, sondern lebt weiterhin auf den Bahamas.

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Am Sonntag gab die Polizei der Bahamas bekannt, Ermittlungen bezüglich des Kollapses der Kryptobörse FTX aufgenommen zu haben. In Kooperation mit der dortigen Wertpapieraufsicht soll unter anderem festgestellt werden, ob kriminelles Verhalten vorliegt. Das internationale Geschäft von FTX ist auf den Bahamas ansässig, ebenso hat der zurückgetretene CEO Sam Bankman-Fried dort seinen Wohnsitz. Entgegen anderslautenden Medienberichten ist der Gründer nicht nach Argentinien geflohen, sondern lebt noch immer auf den Bahamas.

FTX geriet vor einer Woche in Zahlungsschwierigkeiten, nachdem Zweifel an den Kapitalreserven zu einer Kundenflucht und Mittelabzügen im Milliardenvolumen geführt hatten. Konkurrent Binance hätte FTX kaufen sollen, der Deal scheiterte jedoch, am Freitag trat Bankman-Fried zurück, das Unternehmen meldete Insolvenz an – und zog damit die Kurse diverser Kryptowährungen in die Tiefe.

Im Fokus dieser Entwicklungen steht auch Bankman-Fried selbst, der Geld von FTX-Kunden genutzt haben soll, um Handel über eines seiner anderen Unternehmen, Alameda, zu betreiben. Dementsprechend wurde der ehemalige CEO am Sonntag auch von der Polizei befragt.

Unklare Situation in den USA

Auch ist mit zivilrechtlichen Klagen gegen FTX zu rechnen. So versuchen diverse Anleger nun noch zu retten, was zu retten ist. In Österreich ruft die Rechtsschutzplattform Cobin Claims geschädigte Anleger auf, ihren Schaden zu melden: In einem ersten Schritt geht es um eine Schadenserhebung, in einem weiteren Schritt könnten mögliche rechtliche Schritte gesetzt werden.

Zudem sondieren in den USA das Department of Justice (DOJ) und die Securities and Exchange Commission (SEC) die rechtlichen Schritte gegen die Plattform. Dabei gibt es jedoch einige Hürden, wie das US-Wirtschaftsmagazin "Fortune" im Gespräch mit Juristen eruiert hat.

Die erste Thematik ist dabei jene der Jurisdiktion. Da das internationale Headquarter von FTX in den USA ansässig war und keine US-Amerikaner bedient, könnten Verteidiger des Unternehmens argumentieren, dass diese Causa außerhalb des Einflussbereichs der US-Behörden liegt. Allerdings, so einer der befragten Anwälte, hat das DOJ in der Vergangenheit schon öfter über Umwege zu solchen Fällen gefunden.

Die zweite Thematik ist jene der Intention. Es stellt sich also die Frage, ob Bankman-Fried die Investoren bewusst in die Irre geführt hat – oder ob er schlichtweg inkompetent war. "Ein Unternehmen schlecht zu führen und das Geld anderer Leute zu verlieren ist per se nicht kriminell, das passiert die ganze Zeit", sagt etwa Randall Eliason, ein Lehrbeauftragter auf der George Washington University. "Für einen Kriminalfall muss es um Irreführung gehen." Ein anderer Jurist, der lieber anonym bleiben möchte, will in dieser Thematik jedoch keine Zweifel lassen: Es deuteten alle Tatsachen darauf hin, dass es sich bei der Causa FTX um Betrug handelt. (stm, 14.11.2022)