Wissenschaftsminister Martin Polaschek äußerte Verständnis für die Geldnöte der Unis.

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Die österreichischen Universitäten sollen nun doch mehr Geld bekommen, um die Teuerung abzufedern. Im Ö1-"Morgenjournal" kündigte Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) an, dass es für sie im kommenden Jahr aus den Rücklagen des Wissenschaftsressorts noch einmal 150 Millionen Euro zusätzlich geben werde.

In den vergangenen Wochen habe das Wissenschaftsministerium mit Vertretern von rund der Hälfte der Universitäten gesprochen, um sich ein klareres Bild über deren Zusatzfinanzbedarf zu machen, sagte Polaschek. Daher könne er die 150 Millionen schon jetzt ankündigen.

Gesetzliche Ermächtigung nötig

Mitsamt den schon davor zugesagten Zusatzgeldern in der Höhe von 500 Millionen für die kommenden zwei Jahre für den akademischen Betrieb werde es für das Jahr 2023 nun 400 Millionen Euro mehr geben: "Ich glaube, dass die Unis mit dieser Summe gut auskommen werden", sagte der Minister. Für die 150 Millionen brauche es nun eine eigene gesetzliche Ermächtigung im Rahmen des Bundesfinanzgesetzes.

Polaschek äußerte Verständnis für die universitäre Finanznot. Da die Unis ein fixes Dreijahresbudget für den Zeitraum von 2022 bis 2024 haben, fehle ihnen angesichts der Teuerung nun jeder finanzielle Handlungsspielraum. Mit den ursprünglich zugesagten Geldern hätten zum Beispiel bereits begonnene Investitionen nicht abgeschlossen werden können.

Der rote Verband sozialistischer Studierender (VSStÖ) erklärte am Dienstag in einer Reaktion auf Polaschek, der Zuschuss von 150 Millionen sei "ein Witz" und "bei weitem nicht genug". Die Präsidentin der Universitätenkonferenz, Sabine Seidler, selbst Rektorin der Technischen Universität Wien, bezifferte das Budgetloch zuletzt mit 1,2 Milliarden Euro bis 2024 – also rund 600 Millionen pro Jahr.

"Wir haben exzellente Wissenschafter*innen in unserem Land – einer von ihnen wurde gerade mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Doch gratulieren allein reicht nicht", erklärte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner dann am Dienstag im Nationalrat. "Forschung und Entwicklung kosten Geld. Auch hier muss der Staat vorangehen, Motor sein und Forschung ermöglichen und fördern." Dass die Regierung dafür nur die Hälfte der zusätzlich notwendigen Mittel zur Verfügung stellt, sei "fahrlässig". Sie vergehe "sich an der Zukunft des Forschungs- und Industriestandorts Österreichs", sagte die SPÖ-Vorsitzende.

"Dieses Kasperltheater rund um die Universitäten ist unerträglich und eines Wissenschaftsministers unwürdig", reagierte die pinke Wissenschaftssprecherin Martina Künsberg Sarre. "Wie kommt Polaschek jetzt plötzlich auf diese Zahlen? Sind sie seiner Fantasie entsprungen, oder gibt es dafür irgendeine seriöse Grundlage? Und wo waren die Grünen, die jetzt publikumswirksam mehr Geld für die Hochschulen fordern, bei der Erstellung des Budgets?" Mit ihrem ewigen "Hü-hott-Kurs" sorge diese Bundesregierung nur für "Unsicherheit und Stillstand", sagte Künsberg Sarre am Dienstag.

Blimlinger sieht höheren Finanzbedarf

Die grüne Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger hatte den Fehlbetrag zuletzt höher als jetzt Polaschek veranschlagt. Im ORF-Magazin "Hohes Haus" am Sonntag sagte sie, dass für 2023 und 2024 an die 900 Millionen oder "vielleicht sogar eine Milliarde" Euro nötig seien, um den Betrieb zu sichern.

Am Dienstag gingen die Unis der Steiermark gemeinsam auf die Straße: Neben der Uni Graz waren die TU Graz, die Kunst-Uni Graz, die Medizin-Uni Graz und die Montan-Uni Leoben dabei. Die Schlusskundgebung fand vor der Grazer Oper statt. Vertreterinnen und Vertreter der Rektorate, Studierende und Beschäftigte – insgesamt waren es laut Polizei mehr als 3.000 Teilnehmer – forderten die "ausreichende Finanzierung von Bildung und Forschung". Auf ihren Plakaten war unter anderem zu lesen "Studieren statt Frieren" und "Spitzenforschung braucht Geld". Die Demonstranten sangen: "Wir sind hier, wird sind laut, weil man uns die Bildung klaut." Die fünf Unis wollen klarmachen, dass auch sie mit den Mitteln ihre Leistungen drastisch herunterfahren müssten. In der vergangenen Woche demonstrierten die Angehörigen der TU Wien. (Irene Brickner, Oona Kroisleitner, 15.11.2022)