Betont, dass Geld auf FTX nur in Fiatgeld konvertiert wurde: Alex Bornyakov, der ukrainische Minister für digitale Transformation.

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Im Zuge des Crashs der Kryptowährungsbörse FTX macht aktuell ein Gerücht die Runde: Die Ukraine hätte auf der Plattform mit Hilfsgeldern spekuliert. Dieses Geld sei nun weg. Auch der österreichische "Exxpress" und die Schweizer "Weltwoche" berichteten über diesen Vorwurf – Zeit für einen Faktencheck.

Das Gerücht

Vergangenen Freitag schrieb der rechtsextreme US-Radiomoderator Hal Turner in seinem Blog, FTX-CEO Sam Bankman-Fried sei Teil eines Geldwäscherings gewesen, über den "Milliarden" an Hilfsgeldern für die Ukraine über FTX an die Wahlkampagnen der US-Demokraten geflossen wären. Konkret hätten die USA der Ukraine Geld überwiesen, die Ukraine hätte dieses Geld in FTX "investiert". FTX und Bankman-Fried hätten die Zahlungen dann an die Demokraten weitergeleitet.

Diese Theorie wurde über das Wochenende rasch von rechten US-Medien aufgegriffen und weiterverbreitet. Dienstagfrüh erreichte sie über das Online-Medium "Exxpress" auch Österreich.

Hintergrund

Sam Bankman-Fried gehörte zur Liste der größten Geldgeber im Midterm-Wahlkampf. Mit knapp 40 Millionen Dollar an Spenden war der 30-Jährige nach George Soros (128,5 Mio.) der zweitgrößte Unterstützer der Demokraten, insgesamt landete er auf Platz sechs. Das Vermögen des ehemaligen FTX-Chefs wurde von "Forbes" vor dem Crash der Kryptoplattform auf 26,5 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Die Ukraine hat FTX teilweise für die Abwicklung von privaten Spenden verwendet. Über die Website "Aid-for-Ukraine.io" wurden Spenden an die Ukraine in Form von konventionellem Fiatgeld, aber auch in Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum oder Polkadot abgewickelt, Letzteres in Kooperation mit der ukrainischen Kryptobörse Kuna, dem ukrainischen Kryptounternehmen Everlast – und FTX.

Laut den Blockchain-Analysten von "Crystal" wurden bis Ende September etwa 178 Millionen US-Dollar in diversen Kryptowährungen an die Ukraine gespendet. Diese Summe steht knapp 110 Milliarden US-Dollar an Hilfszahlungen in konventionellen Währungen, gegenüber die laut dem Kiel-Institut für Weltwirtschaft bisher an die Ukraine geflossen sind.

Kryptospenden teils an Hilfsorganisationen, teils an die Nationalbank

Auf der Hilfsplattform Aid for Ukraine ist zu lesen, dass Spendeneingänge in Form von Kryptowährungen teilweise direkt an diverse Hilfsorganisationen weitergeleitet werden und von diesen für die Bezahlung von Hilfsgütern verwendet werden. Michael Chobanian, Gründer der ukrainischen Kryptoplattform Kuna, gab vergangenen Juni gegenüber "CoinDesk" an, immer mehr Unternehmen würden Zahlungen in Kryptowährungen akzeptieren, dem Rest helfe man entweder bei der Eröffnung von Wallets, oder man weiche auf Fiatwährung aus.

Ein weiterer Teil der über Aid for Ukraine gespendeten Kryptowährungen wurde nach eigenen Angaben über FTX in Fiatwährung konvertiert und direkt an ein Konto der ukrainischen Nationalbank weitergeleitet.

Geld wurde via FTX konvertiert, aber nicht dort gelagert

Der ukrainische Minister für digitale Transformation, Alex Bornyakov, hat die Vorwürfe mittlerweile ebenfalls dementiert. Er gab am Montag via Twitter bekannt, dass FTX nur für die Umwandlung von Kryptospenden in Fiatgeld verwendet wurde und kein Geld in oder auf FTX investiert wurde. Auch laut Michael Chobanian von Kuna wurde FTX "im ersten Kriegsmonat" dafür verwendet, Krypto in Fiatwährung umzutauschen, aber gelagert habe man dort nichts.

Wofür die Spenden ausgegeben werden, wird auf der Website ebenfalls aufgeschlüsselt, genannt werden etwa Ausgaben von gut 26 Millionen Dollar für Drohnen und 16,5 Millionen für Ausrüstung wie Uniformen, Rucksäcke, Helme und kugelsichere Westen. Die aktuellste Aufschlüsselung stammt aus dem Juli.

Keine Belege für Investment in FTX, Ukraine dementiert

Belege dafür, dass die Ukraine tatsächlich Hilfsgelder in die gescheiterte Kryptoplattform FTX investiert hätte, oder gar, dass diese weiter an die Wahlkampagne der Demokraten geflossen wären, gibt es keine. (Jonas Heitzer, 15.11.2022)