Silberberger: "Das ist völlig sinnlos, dass die eine WM haben. Die Stadien sind jetzt leer, Menschenrechte werden verletzt. Was machen sie mit den Stadien nach der WM? Völlig sinnlos."

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Wien/Doha – Die Vorfreude auf die am Sonntag beginnende WM in Katar hält sich bei den Trainern der Bundesliga in Grenzen. Hauptausschlaggebend dafür sind die vieldiskutierten Umstände im Gastgeberland sowie die umstrittene Vergabe. Im Rahmen der letzten Runde taten einige Coaches ihre durchaus kritische und ablehnende Meinung gegenüber der Endrunde kund.

WSG-Trainer Thomas Silberberger gab unumwunden zu, dass er sich nicht auf die WM in Katar freut und seine Pläne in den nächsten Wochen auch nicht darauf ausrichtet. "Wir haben jetzt noch drei Wochen Training. Die Vorrundenspiele, vielleicht sehe ich eins oder zwei. Danach bin ich drei Wochen im Ausland, und mit der Zeitumstellung werden die Spiele um vier oder fünf in der Früh sein. Das tue ich mir wirklich nicht an."

Dass eine WM so spurlos an ihm vorübergehen werde, hätte sich der 49-Jährige, der 2010 beim Turnier in Südafrika war, nicht träumen lassen. "Nein, das hätte ich mir nicht gedacht, aber ich bin einfach nicht einverstanden. Das ist völlig sinnlos, dass die eine WM haben. Die Stadien sind jetzt leer, Menschenrechte werden verletzt. Was machen sie mit den Stadien nach der WM? Völlig sinnlos. Aber das ist nicht mein Bier. Ich bin nicht scharf auf diese WM, weil mir der Zeitpunkt gar nicht passt", spricht Silberberger Klartext.

Auch Ried-Coach Christian Heinle kann mit der Weltmeisterschaft am Persischen Golf wenig anfangen. "Die Vergabe dorthin ist für mich – ich finde nicht einmal das passende Wort, das ist für mich ein Fiasko. Und eigentlich müsstest das boykottieren." Für den 37-Jährigen ist das allerdings gar nicht so einfach. "Ich mache jetzt gerade die Pro-Lizenz, wir haben sogar gewisse Aufgabenstellungen, wo wir Teams bei der WM beobachten müssen. Sprich: Ich kann schon rein beruflich nicht nicht schauen. Ich muss mir es anschauen, auch wenn ich es nicht gutheiße."

Einzig Klagenfurt-Trainer Peter Pacult versprüht Vorfreude auf die Weltmeisterschaft und zeigt wenig Verständnis für Leute, die in der jüngeren Vergangenheit einen Boykott forderten: "Wo waren jene in den letzten fünf Jahren, die jetzt vom Boykott reden?" Die Ausrichtung in Katar sieht er dennoch kritisch, besonders die Aussage des zum Zeitpunkt der WM-Vergabe amtierenden Fifa-Präsidenten Sepp Blatter brachte den 63-Jährigen auf die Palme: "Wenn der Herr Blatter sagt, dass es ein Fehler war, die WM nach Katar zu vergeben, dann geht mir der Hut hoch."

In Bezug auf die umstrittene Errichtung der Stadien hat Pacult eine doch eher divergente Meinung: "So traurig es ist, dass Menschen beim Bau der Stadien gestorben sind, so muss man aber auch sehen, wie viele tausend Menschen dabei Arbeit gefunden haben."

Für WAC-Coach Robin Dutt ist das WM-Feeling trotz der Teilnahme seines Herkunftslandes Deutschland noch nicht spürbar. Die Thematik rund um die Ausrichtung der WM in Katar müsse aus seiner Sicht von vielen Seiten beleuchtet werden. Für besonders wichtig erachtet es der Deutsche, den teilnehmenden Spielern nicht die Verantwortung zuzuschieben, auf die Missstände aufmerksam zu machen. "Nicht die Spieler, sondern die Verbände sollten Maßnahmen gegen die Umstände treffen. Die Spieler sollen aus Überzeugung dort hinfahren", betonte Dutt.

Den ablehnenden Stimmen zur WM schloss sich auch Austria-Trainer Manfred Schmid an. "Ich sehe die Austragung der Weltmeisterschaft in Katar sehr, sehr kritisch", betonte der 51-Jährige. Intensiv verfolgen werde er die Endrunde vermutlich nicht, aufgrund seines Trainerdaseins werde er sich das eine oder andere Spiel ansehen, bei dem Ganzen habe er dennoch ein komisches Gefühl. (APA, 15.11.2022)