Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) möchte das Verteidigungssystem prüfen.

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EU-weit/Brüssel – Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) will eine Beteiligung Österreichs an der Sky Shield Initiative, dem geplanten Luftabwehrsystem der europäischen Nato-Länder, ausloten. "Ich möchte heute ansprechen, dass wir dieses auch im Rahmen der Europäischen Union tun sollten", sagte Tanner am Dienstag vor Beratungen mit ihren EU-Kollegen in Brüssel. Die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte: "Österreich ist herzlich willkommen, sich daran zu beteiligen."

Verfassungsrechtlich gebe es durchaus Möglichkeiten zu einer engeren Zusammenarbeit, "und das möchte ich heute ansprechen", sagte Tanner in Hinblick auf die Neutralität. Man habe dazu einige Verfassungsgutachten eingeholt. Österreich habe viele Kooperationen mit Deutschland, das die Initiative für Sky Shield übernommen hat. Es würde Sinn machen, Investitionen bei der Luftabwehr gemeinsam zu tätigen. Konkretes werde sich erst später herausstellen. Schon jetzt arbeite Österreich bei der Pilotenausbildung mit Italien zusammen.

Lambrecht sagte, die Initiative gehe über die EU hinaus, auch Großbritannien beteilige sich. "Wir haben schon Austausch gehabt, aber werden das selbstverständlich dann intensivieren, wenn die Kollegin offiziell an mich herantritt", sagte die deutsche Verteidigungsministerin in Hinblick auf Tanners Anliegen.

Auf die Frage nach der Finanzierung sagte Tanner, mit 16 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren habe das Bundesheer die höchste Erhöhung erhalten, die es jemals gegeben habe. Für eine Beteiligung an Sky Shield wären allerdings zusätzliche Budgetmittel notwendig, "so weit sind wir noch nicht".

Was Österreich beitragen möchte

Das technische System Eurofighter laufe bis 2035, sagte Tanner. Dies sollte Österreich aber nicht davon abhalten, sich zu beschäftigen, was danach passiere. Noch vordringlicher sei die Lage bei den Transportflugzeugen Herkules, die das Bundesheer 2029 und 2030 ausscheiden müsse.

Hauptthema der Sitzung der EU-Verteidigungsminister ist die Vorbereitung auf die geplante schnelle EU-Eingreiftruppe (EU RDC / Rapid Deployment Capacity), die 2025 einsatzbereit sein soll. Österreich wolle sich mit seinen Fähigkeiten in den Bereichen Logistik und ABC-Abwehr (vor atomaren, biologischen und chemischen Kampfmitteln) beteiligen, aufbauend auf den bestehenden EU-Battlegroups, kündigte Tanner an.

Ein weiterer wichtiger Punkt sei die gemeinsame Beschaffung, sagte Tanner. "Wichtig ist, dass Beschaffungen gemeinsam passieren und dass insbesondere auch die Europäische Verteidigungsagentur eine wichtige, koordinierende Rolle wahrnimmt", so die Verteidigungsministerin. Alle Staaten hätten ihre Verteidigungsbudgets erhöht, "da muss die Industrie entsprechend nachkommen".

EU für gemeinsame Beschaffung

Der Vizevorsitzende des Verteidigungsausschusses im EU-Parlament und ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl forderte weitere Arbeiten an der Verteidigungsfähigkeit Europas, "um Freiheit und Frieden zu sichern" vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. "Wo es Lücken gibt, da müssen sie im Wege der Koordination geschlossen werden, mit Fokus auf Effizienz und zielgerichteten, sparsamen Umgang mit Steuergeld", sagte Mandl.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warnte laut dpa vor einem Konkurrenzkampf unter EU-Ländern bei Waffenkäufen. Das Wichtigste sei, gemeinsam vorzugehen, um eine Spaltung des Marktes und Konkurrenz zu vermeiden, so der Spanier am Dienstag in Brüssel. Wenn alle zusammenarbeiteten, könnten bessere Preise und eine bessere Qualität erzielt werden, betonte Borrell.

Mit gemeinsamen Waffenkäufen sollen Bestände der EU-Länder aufgestockt werden. Borrell drängt schon länger darauf, dass sich die EU-Staaten dafür zusammenschließen sollen. Derzeit gibt es in der EU unter anderem viele verschiedene Modelle von Panzern und Hubschraubern. (APA, red, 15.11.2022)