In Österreich ist Glyphosat in der Landwirtschaft zugelassen.

Foto: IMAGO/Martin Wagner

Brüssel/Wien – Ein weiterer Anlauf für eine befristete Verlängerung für den Einsatz des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat ist gescheitert. Die notwendige qualifizierte Mehrheit ist nach APA-Informationen am Dienstag im zuständigen Ausschuss der EU-Staaten nicht zustande gekommen.

Nun liegt der Ball bei der EU-Kommission. Glyphosat ist derzeit bis zum 15. Dezember in der EU zugelassen. Das Pestizid steht in der Kritik, Krebs zu verursachen, Hersteller Bayer weist das vehement zurück. Eine Neuzulassung wurde bereits von Chemiekonzernen beantragt, doch muss für diese noch eine Risikobewertung abgeschlossen werden. Sie wird erst für Mitte 2023 erwartet.

Denn während die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) ihre Bewertung zum Pflanzenschutzmittel im Mai abgegeben hatte und dabei die bestehende Einstufung unverändert ließ, kam von der Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) noch keine Einstufung, sie wurde auf Juli 2023 verschoben, aufgrund einer "beispiellosen Anzahl von Kommentaren" – daher schlug die EU-Kommission nun eine einjährige Verlängerung der Erlaubnis vor. Nachdem die notwendige Mehrheit unter den EU-Staaten nicht erreicht wurde, muss nun die EU-Kommission bis 15. Dezember eine Entscheidung treffen.

Forderungen werden laut

Die ECHA kam indes bereits zu dem Schluss, dass das Herbizid giftig für Wasserlebewesen, aber nicht krebserzeugend sei. Johannes Fankhauser, Sektionschef im Landwirtschaftsministerium, kündigte am Montag vor der Abstimmung in einem von der Ages veranstalteten Mediengespräch an, dass man sich im Ständigen Ausschuss der Expertenmeinung anschließen und dem Vorschlag der EU-Kommission wieder zustimmen werde, bis die EFSA-Bewertung vorliege.

Diesen Prozess habe man auch gemeinsam beauftragt, und dieser Bewertung möchte man nicht vorgreifen, sondern wissenschaftlich und faktenbasiert entscheiden – die bevorstehende Bewertung durch die EFSA im kommenden Jahr werde durch die heutige Entscheidung jedenfalls nicht beeinflusst.

Global 2000 forderte vor der heutigen Abstimmung von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP), diesmal gegen die Zulassungsverlängerung von Glyphosat zu stimmen. "Ein Ja zur Verlängerung von Glyphosat hätte fatale Symbolwirkung", sagte Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker der NGO. Eine Zustimmung stünde im Widerspruch zum österreichischen Nein unter Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) vom Jahr 2017, "es wäre auch im Widerspruch zu der bisherigen parteiübergreifenden Ablehnung von Glyphosat durch alle Parlamentsparteien."

In Landwirtschaft erlaubt

Die SPÖ weist in einer Aussendung darauf hin, dass die Zustimmung zur Verlängerung "im krassen Widerspruch zum aufrechten und bindenden Beschluss des Nationalrats" stünde, dieser zwinge sowohl Totschnig als auch jeden ihn vertretenden Beamten, "gegen jegliche Zulassung von Glyphosat" zu stimmen". SPÖ-Landwirtschaftssprecherin Cornelia Ecker verwies hier auf den Beschluss im EU-Unterausschuss des Nationalrats im Jahr 2017, der mit eindeutiger Mehrheit gefasst wurde.

In Österreich beschloss der Nationalrat im Mai des Vorjahres einstimmig ein Teilverbot von Glyphosat. An sensiblen Orten wie Kinderspielplätzen, Parks sowie Einrichtungen der Altenbetreuung oder Gesundheitseinrichtungen darf es nicht mehr eingesetzt werden. Ebenso sind Haus- und Kleingartenbereich und private Verwendung betroffen. In der Landwirtschaft, in der es bei weitem am meisten zum Einsatz kommt, bleibt es aber weiter erlaubt.

Eine Ages-Auswertung für den Zeitraum 2017 bis 2022 zeigte bei 2.952 Proben in 164 (5,6 Prozent) Glyphosat bestimmbar, aber in nur vier kam es dabei zu Grenzwertüberschreitungen (zweimal Honig, Leinsamen und Linsen einmal) – eine eindeutige Bestimmbarkeit nach Herkunftsregion gibt es noch nicht, in einer vorläufigen Auswertung war jedoch bei einer Mehrheit diese nicht zuordenbar. (APA, 15.11.2022)