Die HPV-Impfung soll bis zum vollendeten 21. Lebensjahr in Österreich kostenlos werden. Darauf haben sich Bund, Länder und Sozialversicherung geeinigt. Die Impfung ist sowohl für Burschen als auch für Mädchen im Alter ab neun Jahren empfohlen. Bisher war die Impfung für Neun- bis Elfjährige gratis, bis zum Alter von 15 Jahren wurde die Impfung zum Selbstkostenpreis abgegeben. Ab dem 18. Lebensjahr war sie komplett selbst zu bezahlen, die Kosten für die drei zur Immunisierung nötigen Stiche liegen bei rund 620 Euro.

Ab 1. Februar 2023 ist die HPV-Impfung für alle bis 21 gratis. Damit kann man Gebärmutterhalskrebs verhindern, ebenso wie Karzinome im Rachenbereich und im Analbereich.
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Gebärmutterhalskrebs ist nach Brustkrebs die zweithäufigste Krebserkrankung von Frauen in der EU zwischen 15 und 44 Jahren. 90 Prozent der Fälle von Gebärmutterhalskrebs gehen auf Humane Papillomaviren zurück, mit der Impfung kann effektiv vorgebeugt werden. Für wen die Impfung sinnvoll ist, ab wann es das Impfangebot geben wird und welcher Impfstoff verwendet wird, hat die STANDARD-Community gefragt. Die Gesundheitsredaktion antwortet.

Fragen der Community

Antwort: Ab 1. Februar 2023 gibt es das Gratisimpfangebot für alle bis 21. Zwei Drittel der Kosten werden vom Bund finanziert, den Rest teilen sich die Länder und Sozialversicherungen. Dieser Beschluss sei ein "Meilenstein in der österreichischen Gesundheitspolitik", sagt Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Montag in einer Pressekonferenz. Rund 400 Frauen erkranken hierzulande jährlich an Gebärmutterhalskrebs, zwischen 130 und 180 sterben daran. Und auch bei Männern verursache HPV diverse Krebsarten, betonte Rauch: "Das ist deutlich unterschätzt. Verhütungsmittel bieten keinen Schutz, das ist eine verbreitete Irrmeinung."

Die Hälfte der Jugendlichen dürfte schon geimpft sein, schätzt man im Gesundheitsministerium. Durch die Ausweitung des Gratisangebots will man die Durchimpfungsrate bei jungen Menschen nun auf 90 Prozent steigern. Wie genau man das erreichen möchte, ist noch unklar. Gemeinsam mit der Ärztekammer, den Sozialversicherungen und Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) werde man überlegen müssen, wie die Impfung auch tatsächlich bei jungen Menschen ankommt, sagte Rauch.

Ein erster Schritt ist eine Kooperation mit dem Bundesheer, wo die HPV-Impfung für die jährlich 16.000 Grundwehrdiener ins Impfprogramm aufgenommen wurde. Ein guter Start, findet Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe: "Es ist wichtig, dieses Anliegen auch zu den jungen Männern zu bringen. Sie sind nicht nur Überträger, sondern profitieren auch selbst von der Impfung", sagte er und betonte deren 90-prozentige Wirksamkeit. Weil die Impfung so gut wirkt, könnten laut WHO Gebärmutterhalskrebs und Vorstufen davon bis zum Jahr 2030 eliminiert werden.

Warum bietet man die Impfung dann nicht für alle gratis an? Das sei eine "Finanzierungs- und Kostenfrage", sagte Rauch. Der Beschluss sei ein wichtiger erster Schritt, den man künftig evaluieren werde. Man bleibe hier nicht stehen, "sondern es geht weiter".

Antwort: Die Übertragung von HPV passiert in den allermeisten Fällen über Sexualkontakte, auf jeden Fall ist sehr enger Körperkontakt dafür nötig. Männer sind genauso Träger der Viren wie Frauen. Sind die Männer auch geimpft, können sie das Virus nicht weitergeben. Außerdem sind auch Männer von durch HPV ausgelösten Karzinomen betroffen, im Analbereich und im Rachenbereich. Die Gynäkologin Marlene Kranawetter von der Ordinationsgemeinschaft Santé femme weiß: "Von Karzinomen in diesem Bereich sind Männer viel häufiger betroffen, da steigen die Zahlen stark an." Ein berühmtes Beispiel für durch Humane Papillomaviren ausgelösten Krebs ist Michael Douglas. Bei dem US-Schauspieler wurde 2010 Kehlkopfkrebs festgestellt, mittlerweile gilt er als geheilt. Im Jahr 2013 ließ er mit einem Interview aufhorchen, in dem er mitteilte, dass der Krebs von HPV ausgelöst worden war, die durch Oralverkehr übertragen werden. Was damals viele noch für absurd hielten, ist mittlerweile anerkanntes und verbreitetes Wissen.

Antwort: Das so konkret zu sagen ist sehr schwierig, es hängt von sehr vielen Faktoren und Voraussetzungen ab. Der Prävalenzbericht des deutschen Robert-Koch-Instituts (RKI) von 2017/18 besagt, dass 40 Prozent der Frauen im Alter von 20 bis 25 Jahren mit HPV infiziert sind. Weitere Studien haben gezeigt, dass sich circa 80 Prozent der sexuell aktiven Frauen im Laufe des Lebens mindestens einmal mit HPV infizieren – und 40 Prozent der Frauen infizieren sich mit HPV in den ersten zwei Jahren nach Aufnahme der sexuellen Aktivität. Für Männer gibt es keine offiziellen Zahlen, aber es ist davon auszugehen, dass sie ähnlich sind. Dass es keine guten Zahlen gibt, liegt auch daran, dass das Immunsystem einen sehr großen Teil der Infektionen allein wieder in den Griff bekommt und diese ausheilen.

In Österreich sind die Zahlen mit Sicherheit vergleichbar, hier erkranken pro Jahr rund 400 Frauen an einem Zervixkarzinom. Wie viele Vorstufen rechtzeitig entdeckt und behandelt werden, dazu gibt es keine Zahlen – aber es sind mit Sicherheit viele. Eine Umfrage im Bekanntenkreis zeigt im Normalfall, dass man zumindest eine Frau kennt, oft auch mehrere, die bereits eine Konisation – so heißt der Eingriff, bei dem Zervixkarzinomvorstufen am Muttermund entfernt werden – hatten.

Auch Gynäkologin Kranawetter bestätigt: "HPV-Infektionen sind extrem häufig, fast jeder Mensch hat irgendwann eine Infektion mit einem der über 200 zirkulierenden Stämme. Ob das Immunsystem so eine Infektion wieder eliminieren kann, hängt davon ab, wie effektiv es generell arbeitet. Und je länger die Infektion im Körper verbleibt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie zu Krebs oder einer Vorstufe davon führt." Menschen mit Vorerkrankungen oder unterdrücktem Immunsystem haben generell ein höheres Risiko, dass das Virus nicht bekämpft werden kann.

Dazu kommt, dass man sich jederzeit anstecken kann. Von den rund 200 bekannten Typen befallen mindestens 30 den Anogenitaltrakt, 15 von diesen gelten als Hochrisiko-HPV-Typen. Wenn das Immunsystem die Virusinfektion erfolgreich bekämpfen konnte, ist man zumindest vorübergehend gegen den Virustyp, mit dem man infiziert war, immun, aber die natürliche Immunantwort reicht nicht immer für eine lebenslange Immunität aus. Daher kann man sich im Laufe des Lebens mehrfach und auch mit verschiedenen HPV-Typen anstecken.

Antwort: Einen Test in dem Sinn, um festzustellen, ob man schon einmal HPV hatte, gibt es nicht. Ein Antikörpertest ist in dem Zusammenhang wenig sinnvoll, weil er keine klare Aussage über eine eventuelle Immunität gibt. Dazu kommt, dass es viel zu viele unterschiedliche Stämme gibt. Eine Infektion stellt man im Zuge der gynäkologischen Untersuchung mit einem Abstrich fest, der im Normalfall mit der PCR-Technik ausgewertet wird. Ist dieser Befund auffällig, folgen weitere Untersuchungen. Sehr oft schafft es das Immunsystem aber, eine HPV-Infektion, egal mit welchem Stamm, wieder auszukurieren, viele Infektionen werden also gar nie entdeckt.

Antwort: Ja, kann man. Deshalb ist die Impfung auch in späteren Lebensjahren sinnvoll, betont Gynäkologin Kranawetter: "Man schützt sich damit vor einer Neuinfektion, man kann sich ja mehrmals im Leben und auch mit ein und demselben Stamm anstecken. Und Daten aus Australien, wo die Impfung sehr etabliert ist, zeigen ganz klar, dass auch die Impfung bei Erwachsenen das Krebsrisiko deutlich reduziert." Eine kleine Einschränkung gibt es, die jedoch den Sinn der Impfung nicht infrage stellt: Hatte man schon mehrfachen Viruskontakt, ist der Impfschutz nicht mehr ganz so effektiv wie vor Erstkontakt. Deshalb ist es auch so wichtig, dass man Kinder und Jugendliche vor dem ersten Sexualkontakt immunisiert.

Antwort: Gebärmutterhalskrebs ist nicht deshalb seltener geworden, weil es eine Impfung gibt, sondern weil man mit einem systematischen Screening begonnen hat, das die Früherkennung enorm gesteigert hat. Dennoch sterben immer noch 30 bis 45 Prozent der Frauen, die so eine Diagnose erhalten, daran. Die Kosten der Impfung werden in Österreich erst seit einigen Jahren für Kinder bis elf vollständig übernommen, es ist also noch zu früh, als dass sich die Auswirkungen bereits zeigen könnten. Die Übernahme der Kosten für alle bis 21 ist ein enorm wichtiger Schritt.

Will man mehr über die Effektivität der Impfung wissen, lohnt sich ein Blick nach Australien. Dort wurde bereits im Jahr 2007, als die Impfung auf den Markt kam, ein nationales Impfprogramm etabliert, das seit 2013 auch für Buben gilt. Mit einer Durchimpfungsrate von 80 Prozent hat der Kontinent schon heute eine der niedrigsten Inzidenzen von Gebärmutterhalskrebs weltweit, das Zervixkarzinom ist mittlerweile als seltene Krankheit klassifiziert – mit einer Inzidenz von weniger als vier Fälle pro 100.000 Frauen. Bis 2035, so die Prognose, könne man das Zervixkarzinom eliminieren, wie eine Studie zeigt, die bereits 2018 im Journal "The Lancet" erschienen ist. Ähnliche Daten zeichnen sich für Großbritannien und Portugal ab, wo die Durchimpfungsrate noch höher ist und bei etwa 90 Prozent liegt.

Es gibt außerdem zwei weitere Studien, die den Nutzen der Impfung zur Verhinderung von Zervixkarzinomen belegen. Diese Studie, die im "New England Journal of Medicine" erschienen ist, zeigt, dass die Vierfachimpfung in Schweden Gebärmutterhalskrebs reduzieren konnte. Und diese auf "Pubmed" erschienene Studie zeigt die Risikominimierung nach Alter in Großbritannien. Für Mädchen, die bis zum Alter von 13 Jahren geimpft werden, soll sich das Risiko, zu erkranken, laut Berechnung um 97 Prozent reduzieren.

Antwort: Zum Einsatz kommt der aktuelle Neunfachimpfstoff Gardasil, der gegen die Typen 6, 11, 16, 18, 31, 33, 45, 52, 58 wirkt. 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58 gelten als Hochrisikotypen für Krebs, insbesondere die Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18 sind für rund 70 Prozent aller Zervixkarzinome verantwortlich. Die Typen 6 und 11 verursachen Feigwarzen. Diese sind in erster Linie unangenehm, sie bergen aber kein Krebsrisiko. Der Impfstoff befindet sich auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Mittlerweile wurden über 270 Millionen Impfdosen weltweit verimpft, die Wirkung wird laufend überprüft. Bereits im Jahr 2018 hat die Cochrane Collaboration, ein globales, unabhängiges Netzwerk aus Wissenschaftern, Ärzten, Angehörigen der Gesundheitsfachberufe, Patienten und weiteren an Gesundheitsfragen interessierten Personen, mögliche Nebenwirkungen der Impfung überprüft. Dafür wurden 26 Studien mit 73.428 jugendlichen Mädchen und Frauen berücksichtigt. Alle Studien bewerteten die Impfstoffsicherheit über einen Zeitraum von 0,5 bis sieben Jahren. Zehn Studien mit einer Nachbeobachtungszeit von dreieinhalb bis acht Jahren untersuchten den Schutz vor Krebsvorstufen. In dieser Untersuchung wurde die hohe Qualität der Impfstoffe festgestellt.

Wie bei jeder Impfung können natürlich auch bei jener gegen HPV Nebenwirkungen auftreten, die häufigsten sind Kopfschmerzen, Schwindel oder Abgeschlagenheit. Allerdings sind sie zeitlich begrenzt und vollständig reversibel. Wie bei anderen Impfungen auch, kann in sehr seltenen Fällen eine Anaphylaxie, eine allergische Reaktion auf Komponenten des Impfstoffs, auftreten.

Manche Portale berichten auch von irreversiblen Nebenwirkungen wie dem Auslösen einer Autoimmunerkrankung oder einer Thrombose, die durch die Impfung hervorgerufen worden sein sollen – weil das Ereignis in zeitlicher Nähe zur Impfung stattgefunden habe. Das haben sowohl die WHO als auch das deutsche Robert-Koch-Institut untersucht. Beide konnten keine schweren Nebenwirkungen, die die Gesundheit nachhaltig beeinträchtigen, im ursächlichen Zusammenhang mit der HPV-Impfung feststellen. In den Untersuchungen bestand insbesondere kein Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen oder neurologischen Komplikationen.

Sind Sie gegen HPV geimpft?

Werden Sie nun die Impfung in Anspruch nehmen? Und sind Ihre Kinder, sowohl Buben als auch Mädchen, gegen HPV geimpft? (Pia Kruckenhauser, Magdalena Pötsch, Judith Wohlgemuth, 22.11.2022)