Verzögerungen sind im Fedora-Projekt an sich nichts Neues. Dass eine neue Version ein oder zwei Wochen später als geplant veröffentlicht wird, gehört bei der Linux-Distribution quasi zum guten Ton. Das ist prinzipiell auch nichts Schlechtes, entstehen diese Verschiebungen doch aufgrund von ausführlichen Tests im Vorfeld sowie der Bereinigung dabei entdeckter Fehler.

Dieses Mal hat aber ein externer Faktor den Fedora-Zeitplan gehörig durcheinandergebracht. Die aktuellen Sicherheitslücken bei der für viele Dienste zentralen Sicherheitsbibliothek OpenSSL sind es, die dafür sorgen, dass Fedora 37 fast einen Monat verspätet ist.

Es ist da

Nun ist es aber so weit: Fedora 37 steht ab sofort zum Download bereit, bestehende Installationen können direkt aus dem System heraus aktualisiert werden. Wie gewohnt setzt das maßgeblich von Red Hat / IBM unterstützte Community-Projekt dabei auf eine topaktuelle Entwicklung – auch Fedora 37 bewegt sich also wieder an der Spitze der Linux-Entwicklung.

Gnome 43

Die für die Nutzer relevanteste Variante von Fedora ist die Workstation-Edition. Diese nutzt einen Gnome-Desktop und wie es sich gehört natürlich dessen aktuellste Version. Die Vorzüge von Gnome 43 wurden bereits an anderer Stelle ausführlich gepriesen. Insofern im Folgenden nur ein paar der zentralen Highlights.

Fedora 37 nutzt Gnome 43 als Desktop.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Die sichtbarste Änderung von Gnome 43 ist fraglos der neue Schnelleinstellungsbereich. Ähnlich wie bei Android oder ChromeOS können darüber zentrale Funktionen rasch erreicht und (de)aktiviert werden. Dazu zählen etwa WLAN, Bluetooth oder der Dark Mode sowie die Stromspareinstellungen für Laptops. Der Wechsel zwischen mehreren Audioausgabegeräten kann ebenfalls zeitsparend an dieser Stelle erfolgen.

Sicherheit, einmal anders

Im Gegensatz zu Ubuntu hat sich Fedora dazu entschieden, ein weiteres Feature von Gnome 43 zu übernehmen: die neuen Gerätesicherheitsinformationen. In den Systemeinstellungen untergebracht, liefern diese einen generellen Überblick zur Sicherheit der Hardwarekomponenten. Also etwa ob alle BIOS/UEFI-Updates eingespielt wurden, oder auch, ob Secure Boot aktiviert ist. In diese Beurteilung fließt aber auch ein, welche Schutzmaßnahmen die genutzte Hardware gegen fortgeschrittene Attacken liefert – also etwa ob das RAM verschlüsselt ist.

Einfluss auf all das haben die Nutzer nur in begrenztem Ausmaß, allerdings will man damit auch das Bewusstsein für ein wachsendes Problemfeld im Bereich Computersicherheit hinweisen – das in der Gesamtbeurteilung nur allzu oft übersehen wird. Denn auch die bestgeschützte Linux-Distribution ist im Endeffekt nur so sicher, wie die darunter liegende Hardware und deren Firmware es erlaubt.

Der neue Dialog zur Gerätesicherheit informiert auch über sicherheitsrelevante Änderungen am System.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Modernisierung

Ansonsten zeichnet sich Gnome 43 vor allem durch eine Modernisierung vieler der mitgelieferten Programme aus. So wurde etwa der Dateimanager auf Gtk4 und damit die aktuellste Version des dem Desktop zugrunde liegenden grafischen Toolkits portiert. Mit diesem Schritt geht eine Fülle von Neuerungen einher – etwa eine sich dynamisch der Größe des Fensters anpassende Oberfläche oder auch eine von Grund auf neu gestaltete Listenansicht.

Raspberry Pi

Unter der Desktop-Ebene gibt es natürlich ebenfalls einige wichtige Änderungen. Ein Highlight ist dabei der offizielle Support für den Raspberry Pi 4. Im Gegenzug wurde die Unterstützung für so manch veraltete Technologie entfernt, darunter für ARMv7 oder auch jener für 32-Bit-Java-Anwendungen.

Als Kernel wird das aktuelle Linux 6.0 mitgeliefert, wobei Fedora generell dafür bekannt ist, hier im Gegensatz zu vielen anderen Distributionen laufend auch große Versionssprünge nachzuziehen. Die Glibc 2.36 und Python 3.11 machen weitere Eckpunkte der Softwareausstattung aus.

Silverblue ist die Zukunft (vielleicht)

Der neue Schnelleinstellungsbereich von Gnome 43.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Schon seit einiger Zeit gibt es parallel zur normalen Workstation-Ausgabe auch eine, die sich "Silverblue" nennt. Diese verfolgt das Konzept eines unveränderlichen Basissystems, bei dem Anwendungen vornehmlich über neue Paketformate wie Flatpak installiert und gewartet werden.

Bei diesem Konzept schärft man nun noch einmal nach: So werden die zentralen Systemkomponenten nun von Haus aus nur mehr les-, aber nicht schreibbar eingehängt. Damit will man eine unbeabsichtigte Beschädigung des Systems durch die Nutzer verhindern, die gleiche Änderung gibt es auch bei Kinoite, dem Silverblue-Pendant für Fans des KDE-Plasma-Desktops.

Auswahl

Aus Desktop-Sicht ist wie gesagt die Workstation-Variante die interessanteste, allerdings gibt es parallel dazu auch spezielle Ausgaben für Server, das "Internet der Dinge" sowie den Cloud-Einatz. Erstmals als offizielle "Geschmacksrichtung" anerkannt wird Fedora Core OS, ein automatisch aktualisiertes Minimalsystem, das vor allem auf die Nutzung von Containern ausgerichtet ist.

Neben all dem gibt es dann auch noch diverse Spins mit anderen Desktops. Wer also etwa lieber KDE Plasma als Gnome verwendet, findet diesen hier in der aktuellen Version 5.26. Aber auch Varianten mit Mate, Lxqt oder Xfce als Desktop sind erhältlich.

Ausprobieren

All das kann jeweils von der Seite des Projekts heruntergeladen und auf einen USB-Stick gespielt werden, von dem aus der Desktop dann direkt ausprobiert und bei Gefallen gleich fix installiert werden kann. (Andreas Proschofsky, 15.11.2022)