Im Gastkommentar fordert VCÖ-Experte Michael Schwendinger eine "Taskforce Mobilitätsgarantie", um das Angebot zu verbessern.

Klimaticket, und nun?
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Die Verkaufszahlen liegen nach einem Jahr Klimaticket nicht nur über den Erwartungen, es strahlt auch ins benachbarte Ausland aus: Deutschland führt ein 49-Euro-Monatsticket für den Nahverkehr ein. Doch für die notwendige Transformation des Verkehrssystems in Richtung Klimaverträglichkeit und Resilienz ist es erst eine Ausgangsbasis. Nun ist der Fokus auf die andere Seite der Öffi-Medaille zu richten: das Angebot.

Auch dafür findet sich ein entscheidendes Schlagwort im Koalitionsvertrag der Bundesregierung – die Umsetzung einer flächendeckenden Mobilitätsgarantie in allen Regionen Österreichs.

Die größten Barrieren für eine häufigere Nutzung des öffentlichen Verkehrs sind ein dünnes Angebot abseits der Hauptverkehrszeiten, zu geringe Flexibilität sowie häufiges Umsteigen. Neben einer Kombination aus konsequentem Angebotsausbau einerseits und Push-Maßnahmen, wie der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung, andererseits, braucht es eine explizite Umsetzungsstrategie inklusive Finanzierungsmodells und Definition von Qualitätsstandards. Und für die Planung wiederum regionale Planungsteams, in denen Gemeinden, relevante Stakeholder – etwa große Arbeitgeber oder Tourismusverbände in der Region – sowie Verkehrsverbünde vertreten sind.

Von Baden-Württemberg lernen

Nicht nur Österreich, auch das deutsche Bundesland Baden-Württemberg hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu sein und auf dem Weg dorthin eine Mobilitätsgarantie umzusetzen – und dort ist man bereits einen Schritt weiter. Für Anfang des Jahres 2023 ist ein Gesetzesentwurf geplant, der die Kommunen zur Umsetzung der Finanzierungsmodelle ermächtigen soll. Die Ausgestaltung des Angebots obliegt den Pilotregionen gemeinsam mit den zuständigen Verkehrsverbünden.

Für die Finanzierung wurden vier Beitragsmodelle diskutiert: eine Straßennutzungsgebühr, ein "Bürgerticket" für alle Erwachsenen, eine Nahverkehrsabgabe für in der Region zugelassene Pkws und eine Arbeitgeberabgabe – wobei die Beiträge jeweils als Guthaben in gleicher Höhe für das öffentliche Mobilitätsangebot eingelöst werden können. Welches Beitragsmodell Regionen umsetzen, bleibt ihre Entscheidung. Eine zusätzliche Landesfinanzierung ist nicht vorgesehen. Das Land sieht sich jedoch federführend bei der Erarbeitung einer Umsetzungsstrategie gemeinsam mit den Modellregionen, stellt Fachinformationen bereit und organisiert den zur Entscheidungsfindung notwendigen Dialog.

Ins Tun kommen

Klimaticket und flächendeckendes Mobilitätsangebot sind zwei Seiten derselben Öffi-Medaille. Die eine Seite wurde bereits erfolgreich geprägt, nun muss die andere Seite angegangen werden. Die konkrete Angebotsplanung können am besten regionale Planungsverbände besorgen. Auch für die Finanzierung lassen sich Modelle finden – siehe Baden-Württemberg. Was es nun braucht, ist eine Umsetzungsstrategie – angestoßen von der Bundesregierung etwa im Rahmen einer "Taskforce Mobilitätsgarantie" unter Einbeziehung der Bundesländer, Verkehrsverbünde sowie Gemeinden und Regionalverbände. Ein flächendeckendes Mobilitätsangebot mag eine Vision sein, eine Utopie ist es nicht – let's do it. (Michael Schwendinger, 16.11.2022)