Kein Ärger mehr über hohe Preise an der Kassa – ein Abo soll künftig den Programmkinobesuch wieder attraktiv machen.

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Und wie viele Abos hast du? Ein, zwei Streamingdienste, einen Zehnerblock fürs Lieblingskino, eventuell ein Theaterabo, als Wiener oder Wienerin vielleicht auch noch eine Jahreskarte für die Bundesmuseen. Abosysteme sind mittlerweile zum fixen Bestandteil des Kulturbetriebs geworden, denn ein Abo ist für beide Parteien rentabel: Als Anbieter kann man mit einer relativ stabilen Kalkulation und Stammkundschaft rechnen, als Konsument oder Konsumentin muss man sich nicht über die hohen Preise für Einzeltickets ärgern. Ein Abo kündigt man auch nicht so schnell, wie man den geplanten Museumsbesuch vertagt.

Streamer machten den Anfang

Vom Abo haben in der Filmbranche bis dato nur die Streamingdienste profitiert: Netflix, ehemals Videothek mit Expressversand, ist der Vorreiter, doch auch die Konkurrenten Amazon Prime und vor allem Disney+ ziehen nach. Während Corona regnete es Zuwachs, doch 2022 stagnierten die Wachstumszahlen erstmals, aufgrund von gegenseitiger Konkurrenz, schwacher Konjunktur und dem bereits zu vertraut wirkenden Angebot, denn jede Plattform produziert zurechtgeschnittene Inhalte, an denen man sich bald mal sattgesehen hat. Die Verlustzahlen währten allerdings nicht lange – jüngst gab es wieder ein Plus für Netflix, das nun eine werbefinanzierte Option anbietet, wodurch es dem Privatfernsehen auffallend nahekommt.

Spontan und ungezwungen ins Kino?

Das Fernsehen war spätestens ab den 1960er-Jahren ein Grund, warum das, was der Philosoph Stanley Cavell als "casual moviegoing" bezeichnete, aufhörte. Vom Rückzug ins Private, der durch Corona extrem befeuert wurde, erholen sich die Kinos nur langsam: Die Auslastung war im Sommerquartal noch um 40 Prozent niedriger als 2019. Blockbuster laufen in der Regel gut, doch Programmkinos haben Probleme, ihr Stammpublikum, das laut einer WKO-Studie vorwiegend weiblich und über 50 ist, zurückzuholen und jüngeres Publikum anzusprechen.

Letzteres gelingt mit Kinoevents wie kuratierten Reihen, Festivalteilnahmen und Gästen. Doch Kinos haben nicht die Kapazitäten, monatlich Sonderreihen zu organisieren. Auch leidet das reguläre Kinoprogramm darunter, denn knapp zehn Euro für einen Film auszugeben, der weder auf Festivals noch bei der Kritik für großen Wind gesorgt hat, ist vielen zu teuer. Was wäre also, führte man auch für die Kinos ein System ein, das die Ungezwungenheit des Kinogehens wieder anfacht?

Ein Abo für die Kinos

Schon 2009 kamen niederländische Kinofans auf die Idee, ein Abosystem ins Leben zu rufen, das Programmkinos vernetzt und den Kinobesuch günstiger macht. Die Idee ging auf: "Cineville" startete mit 13 Kinos, 2022 ist die Zahl auf 55 angewachsen. Dazu sind die Abonnenten und Abonnentinnen jung, laut der Statistik zwischen 20 und 30 Jahren. Zweieinhalbmal gehen sie im Schnitt monatlich ins Kino, eineinhalbmal häufiger als vorher. Experimentierfreudiger ist das niederländische Abo-Publikum auch geworden, sodass kleinere Arthaus-Filme wieder gesehen werden, was die Kinos dazu bewogen habe, in ihrer Programmierung mehr Risiken einzugehen.

In den vergangenen dreizehn Jahren ist Cineville in den Niederlanden zu einer Gemeinschaft und einem Unternehmen angewachsen und präsentiert sich auf allen sozialen Netzwerken, via App sowie mit Veranstaltungen. 2020 kam es zu den ersten Rekordzahlen mit 55.000 Abonnements, 70 Prozent zahlten sogar während der Coronaeinschränkungen weiter, was eine willkommene solidarische Geste und eine finanzielle Absicherung für die Kinos war.

"Nonstop – dein Kinoabo" ab 2023 in Österreich

In Österreich soll dies nun unter dem Namen "Nonstop – dein Kinoabo" anlaufen. Das Projekt ist als Verein organisiert, der mittlerweile 18 Partnerkinos aus Wien, Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Steiermark und Niederösterreich versammelt. Obfrau und Initiatorin des Projekts ist Wiktoria Pelzer, designierte Geschäftsführerin des Stadtkinos Wien. Startförderungen gab es von europäischen und heimischen Förderstellen. An der Entwicklung einer App müsse noch gearbeitet werden, so der Projektleiter Martin Kitzberger: Für den Anfang ist eine österreichweit geltende Abokarte und eine Website mit einer Programmübersicht aller teilnehmenden Kinos geplant.

Zum Frühjahr 2023 soll Nonstop mit einem Preis von 22 Euro monatlich für unbegrenzt viele Kinobesuche in die erste Runde gehen. Das Ziel für das erste Jahr sind 3000 Abonnements, Tendenz steigend. Pelzer und Kitzberger sind positiv gestimmt: Wenn der Cineville-Effekt auch in Österreich Wurzeln treibt, dann ist das so häufig beschworene Kinosterben hoffentlich endlich passé. (Valerie Dirk, 16.11.2022)