Alleinerziehende haben es am Wohnungsmarkt schwer. Die Mieten sind in den letzten Jahren stark gestiegen und für eine einzelne Person kaum zu stemmen, nun kommen noch hohe Energiekosten hinzu. Auch die Kinderbetreuung ist im Wohnalltag oft eine Herausforderung. Was tun?

Begrünte Fassaden, belebte Flächen: Hält die Realität, was das Rendering verspricht? Das wird sich ab dem kommenden Frühjahr zeigen.
Visualisierung: Expressiv

In der Wolfganggasse in Wien-Meidling wird rund um die ehemalige Remise der Badner Bahn an einer möglichen Antwort gebaut. Im neuen Stadtviertel wachsen gerade direkt am Gürtel 85o Wohnungen in die Höhe, darunter geförderte Wohnprojekte von den Bauträgern WBV-GPA, Heimbau, Neues Leben und Gesiba sowie neue Gemeindewohnungen, außerdem ein Pflege- sowie ein Studierenden- und Jugendwohnheim von ÖJAB. Ein besonderer Fokus liegt in der Wolfganggasse aber auf Alleinerziehenden.

Fast wie eine WG

Darum wird es in der Wolfganggasse zum Beispiel Clusterwohnungen geben. Das sind kompakte Wohnungen, die um einen Gemeinschaftsbereich herum angeordnet sind – ähnlich einer WG, nur dass die Wohnungen jeweils mit eigener Küche, eigenem Bad und eigener Terrasse ausgestattet sind. Die Gemeinschaftsflächen bestehen aus einer großen Küche, einer Terrasse und ausreichend Platz zum Spielen für die Kinder.

Vier Clusterwohnungen mit insgesamt 17 Wohnungen gibt es im von WBV-GPA und Neues Leben errichteten Bau, der über 325 geförderte Mietwohnungen verfügt und von M&S Architekten und Gerner Gerner Plus geplant wurde. Letztere haben die Cluster mit klassischen geförderten Wohnungen und besonders kompakten Smartwohnungen durcheinandergewürfelt. "Der Mix spiegelt sich auch in der Fassade wider, die vor- und zurückspringt", sagt der Architekt Matthias Bresseleers. Besonders stolz ist er auf den Cluster ganz oben unterm Dach, der über schwindelerregende Raumhöhen von 4,30 Metern und Blick über die Stadt verfügt.

Bezug im Frühjahr

Ganz unkompliziert ist die hierzulande relativ neue Wohnform aber nicht. Wohnrechtlich habe es viele Fragen gegeben, sagt Bresseleers. Außerdem müssen die bereits so gut wie fertiggestellten Wohnungen jetzt noch einmal geringfügig umgeplant werden: Die St.-Elisabeth-Stiftung der Erzdiözese Wien wird die Flächen ab der Fertigstellung im Frühjahr anmieten und an alleinerziehende Mütter vergeben. Sie wünscht sich etwas kleinere Gemeinschaftsflächen. Manche Rigipswand muss nun noch einmal versetzt werden, dafür bekommt die eine oder andere Wohnung noch einen Quadratmeter dazu.

Noch ist die Wolfganggasse eine riesige Baustelle inmitten der Stadt. 850 Wohnungen und andere Einrichtungen entstehen hier.
Foto: Zoidl

Wer wird einziehen? "Die Problemlagen der Frauen sind unterschiedlich", sagt Nicole Meissner, Geschäftsführerin der St.-Elisabeth-Stiftung. Sie reichen von massiver Gewaltbedrohung in Familien über Schulden, Gefährdungsmeldungen bis zu psychischen Problemen. Durch die Corona-Pandemie haben sich viele Probleme noch einmal verschärft. Meissner weiß heute schon, dass es Wartelisten für die Wohnungen geben wird, bei denen die kleinsten knapp 30 Quadratmeter klein sind und bei denen die Miete zwischen acht und neun Euro liegen wird, inklusive Betriebskosten. Möglich ist das deshalb, weil die Stiftung sämtliche Cluster anmietet und einen Teil der Gemeinschaftsflächen selbst bezahlt.

Gekühlte Gemeinschaftsräume

Die Bewohnerinnen können hier Unterstützung in Anspruch nehmen. Ein soziales Betreuungsteam hilft bei der Bewältigung psychosozialer Krisen, ein soziales Wohnungsmanagement unterstützt bei Fragen rund ums Wohnen, etwa was das Zahlen der Miete und das richtige Heizen angeht.

Das Besondere an der Wohnform: Wenn die Bewohnerinnen keine Betreuung mehr benötigen, müssen sie nicht, wie beispielsweise in Mutter-Kind-Häusern, ausziehen. Das gibt Sicherheit. Nicht zuletzt schafft das Clusterwohnen auch eine Gemeinschaft ohne Zwang: Jede Frau hat ihre vier Wände, "aber wenn man mal jemanden braucht, der einem 30 Minuten auf das Kind schauen kann, ist das in dieser Wohnform sicher leichter", sagt Meissner.

Eine wichtige Rolle spielen in der Wolfganggasse Gemeinschaftsflächen, im Projekt von WBV-GPA und Neues Leben gibt es Leseecken, ein Heimkino, Sporträume und sogar ein Gästezimmer.

Die größeren Gemeinschaftsräume verfügen über eine Deckenkühlung, sagt Michael Gehbauer, Geschäftsführer der WBV-GPA. Auch damit soll Gemeinschaft ermöglicht werden: "So wie sich früher die Leute um den Ofen versammelt haben, wenn es kalt war, versammeln sie sich nun in gekühlten Räumen."

Die Vorhut ist schon da

Inmitten der Baustelle bereits bezogen ist das Pflegewohnhaus Neumargareten. 200 Bewohner wurden Anfang Oktober innerhalb einer Woche von einem angrenzenden, in die Jahre gekommenen Heim übersiedelt. Das Café im Erdgeschoß ist stets gut besucht, der Baustellenlärm scheint die Seniorinnen und Senioren nicht zu stören. Auch das benachbarte Studierenden- und Jugendwohnheim ÖJAB-Haus Remise mit 86 Plätzen ist bereits voll.

Die Vorhut ist also bereits da. Im kommenden Frühjahr folgen die übrigen Bewohnerinnen und Bewohner. Fortsetzung folgt. (Franziska Zoidl, 18.11.2022)