Zwei Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation schütteten ein schwarzes Farbengemisch, das an Öl erinnern sollte und anfangs auch dafür gehalten wurde, auf das Gemälde "Tod und Leben" von Gustav Klimt im Leopold-Museum Wien.
Foto: LETZTE GENERATION OESTERREICH

Am Dienstagvormittag beschütteten zwei Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation das Gemälde "Tod und Leben" von Gustav Klimt im Leopold-Museum Wien. Wie sich später herausstellte, handelte es sich bei der schwarzen Flüssigkeit, die an Öl erinnern sollte und anfangs auch dafür gehalten wurde, um mit Lebensmittelfarbe vermengtes Guarkernmehl. Soweit man bisher weiß, wurde das durch eine Glasscheibe geschützte Werk nicht beschädigt. Neben Bettina Leidl, Präsidentin von ICOM-Österreich, verurteilte auch Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) in einer Aussendung die Angriffe auf Museen und bezeichnete Aktionismus gegen Kunst und Wissenschaft als "falschen Weg". Den wichtigen Dialog müsse man dringend an anderer Stelle austragen, so Kaup-Hasler.

Ganz andere Töne schlug hingegen Ursula Berner in einem Statement auf ihrem Blog an. In ihrem "Plädoyer für die Klimaaktivist:innen" erläutert die Wiener Grünen-Kultursprecherin und Gemeinderätin die Beweggründe der Aktionen und zitiert deren Anliegen: "Hebt euren Blick doch hoch, über die Grenzen des Elfenbeinturms (Museum). Ihr könnt die kulturellen Schätze nur sicher erhalten, wenn ihr auch die Welt rundherum, das Klima erhaltet."

Weiters verweist Berner auf die Rolle der OMV, die den Museumsbesuch bei freiem Eintritt für alle im Leopold-Museum am 15. November sponserte. Die Aktion gegen das Kunstwerk sei ein bewusster Angriff auf den Erdölkonzern gewesen, der mit Aktionen wie dem Gratiseintritt sein Image reinwaschen wolle. Auf Twitter hatten die Aktivisten bekanntgegeben, mit der Aktion gegen neue Öl- und Gasbohrungen zu protestieren. Berner verteidigt den Protest als legitim und verweist darauf, dass es der Letzten Generation nie um Zerstörung gehe – sondern ums Aufrütteln.

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Aktionen sind "total in Ordnung"

Der Geschäftsführer der Kulturplattform Oberösterreich (Kupf OÖ), Thomas Diesenreiter, zeigt sich ähnlich tolerant in einer Stellungnahme auf seiner Facebook-Seite. Dort schreibt er, dass es ihm als Vertreter der freien Kulturszene ein Anliegen sei, sich zu dem Thema zu äußern: "Die Aktionen von Klimaaktivist:innen in den Museen sind total in Ordnung." Darauf hinzuweisen, dass unser Planet untergehe, sei "hundertmal wichtiger als ein paar Bilder längst verstorbener Künstler:innen, die sowieso keinen Schaden abkriegen", so Diesenreiter. Der Kulturarbeiter übt Kritik an Preisen von Kunstwerken in Millionenhöhe, nennt dies "abstrus" und sieht es als Folge eines "völlig kaputten Kunstmarkts".

Dass sich große österreichische Museen als Unterstützer der Anliegen der Klimabewegung positionieren, verurteilt er als "Scheinheiligkeit" und weist auf NFT-Aktionen mit "energiefressender Kryptowährung" sowie finanzielle Spenden seitens Gazprom oder OMV an Museen hin. "Der hier zur Schau gestellte Verteidigungsreflex verhindert den kritischen Blick auf das eigene Wirken der Museen. Wie verzweifelt hier junge Menschen um ihre Zukunft kämpfen, sollte uns zu denken geben und nicht der moralischen Selbsterhöhung gutbezahlter Museumsdirektor:innen dienen", schließt Diesenreiter.

Wöchentlich melden internationale Museen neue Klimaprotestvorfälle. Erst vergangenen Donnerstag wurde ein Saurierskelett im Naturhistorischen Museum (NHM) in Wien zum Ziel. Dort klebten sich zwei Aktivistinnen der Gruppe Letzte Generation an einen Sockel im Dinosauriersaal, um gegen den "fossilen Kurs der Bundesregierung" zu demonstrieren. (Katharina Rustler, 16.11.2022)

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