Wie die Gemeinde Höchst berichtet, macht sich derzeit im Bruggerloch eine Algenblüte mit rotbraunen Schlieren bemerkbar. Dahinter steckt Planktothrix rubescens.
Foto: Gemeinde Höchst

Grüne Schlieren in Gewässern sind vielen Menschen bekannt, die gern Zeit an Seen und Teichen verbringen. Sie bedeuten: Algen und andere Mikroorganismen vermehren sich gerade fleißig, man spricht auch von einer Algenblüte. Manchmal fallen die Verfärbungen rot aus – oder zumindest rötlich, so wie derzeit im Bruggerloch-See in Vorarlberg.

Wie die Gemeinde Höchst berichtet, ist eine Blaualge dafür verantwortlich – die nicht für blaue, sondern rote Farbe im Wasser sorgt und als Burgunderblutalge bezeichnet wird. Gleichzeitig wurde eine Warnung ausgesprochen: Der massenhaft auftretende Organismus setzt Giftstoffe frei, die für Mensch und Tier gefährlich sind. Daher solle man vor allem das (Ver-)Schlucken des Wassers, aber auch sonstigen Kontakt vermeiden, beispielsweise beim Spaziergang mit dem Hund.

Rotes Cyanobakterium

Genau genommen handelt es sich bei der Burgunderblutalge gar nicht um eine Alge. Als Blaualgen werden im Deutschen Cyanobakterien bezeichnet. Sie zählen nicht zu den Pflanzen, sondern eben: zu den Bakterien, können aber wie Pflanzen Fotosynthese betreiben. Konkret gehören sie zur Gruppe des Phytoplanktons ("Pflanzenplanktons"), das die Basis der Nahrungskette in Gewässern darstellt.

Die rote Blaualge wurde namentlich mit "Burgunderblut" in Verbindung gebracht, weil die Verfärbung oftmals im Schweizer Murtensee beobachtet wurde – und an die Schlacht bei Murten 1476 erinnerte, bei der Soldaten aus dem Burgund getötet wurden. Malerischer ist die offizielle Art- und Gattungsbezeichnung Planktothrix rubescens, die an rötliches Haar erinnert, das im Wasser treibt.

Die Burgunderblutalge kommt in etlichen Seen vor und lässt sich vor allem in kühleren Monaten beobachten. Im Sommer weicht sie in tieferen Seen auf Schichten sieben bis neun Meter unter der Wasseroberfläche aus. Dort hat es für sie angenehme zehn bis 15 Grad – und die Sonneneinstrahlung, die die Mikroorganismen nur in Maßen genießen, ist eher gering. Ändert sich die Jahreszeit, steigen sie weiter nach oben. Stärkere Winde können dafür sorgen, dass sie an der Oberfläche des Gewässers landen und beim Auftreten in großer Zahl durch das enthaltene rote Pigment Phycoerythrin sicht- und erkennbar sind.

Lebensbedrohliche Toxine

Finden die Planktonorganismen gute Bedingungen vor, kommt es für wenige Tage zu einer Algenblüte – was für riskante Badeumstände sorgt. Denn nach dem Absterben entsteht ein Toxin, das in größeren Mengen lebensbedrohlich sein kann: Es gehört zur Stoffgruppe der Microcystine. Diese greifen Zellen an und sorgen bei Menschen und anderen Säugetieren meist für Symptome von gereizter Schleimhaut über Erbrechen und Durchfall bis hin zu Lebervergiftungen.

Dass massives Algen- und Bakterienwachstum in Seen, Flüssen und Meeren bei anderen Lebewesen gesundheitliche Probleme hervorruft, ist nichts Neues. Ein trauriges Beispiel dafür aus jüngster Vergangenheit ist das Fischsterben in der Oder, das im August beobachtet wurde und ein Viertel bis die Hälfte des Fischbestands im deutsch-polnischen Grenzfluss dezimierte. Wie ein Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Wien zeigte, war die Vermehrung einer Alge dafür verantwortlich, welche üblicherweise in salzreichem Brackwasser vorkommt.

Vorgehen bei Kontakt

Das Beispiel zeigt, dass auch bei natürlichen Phänomenen oft Menschen und Industrien wesentlichen Einfluss ausüben – denn wahrscheinlich kam es zu einem solch hohen Salzgehalt in der Oder, weil Industrieabwässer eingeleitet wurden. Für gute Wachstumsbedingungen sorgen auch Phosphor und Stickstoff im Wasser, stehende nährstoffreiche Gewässer sind besonders oft betroffen. Wird ein See wärmer und bleibt die Schichtung längerfristig stabil, kann das das Wachstum von Cyanobakterien, die Giftstoffe freisetzen, ankurbeln – wozu auch der Klimawandel in vielen Regionen beiträgt.

Die Bakterienvermehrung im Bruggerloch in Höchst dürfte natürlichen Ursprungs sein, wie die Gemeinde mitteilt. Generell ist bei auffälliger Färbung der Wasseroberfläche Vorsicht geboten. Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) empfiehlt, nicht in Gewässern zu schwimmen, bei denen man in etwa knietiefem Wasser die Füße aufgrund der Trübung nicht mehr erkennen kann. Mit belastetem Wasser sollten Kinder und Haustiere nicht in Berührung kommen oder baldmöglichst abgewaschen werden. (sic, 17.11.2022)