"Lob und Dankbarkeit könnten der Schlüssel zur Bewältigung von täglichen Stressreaktionen sein", sagt Studienautor und Professor Christopher Oveis.
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Wertschätzende Kommunikation und eine motivierende Dynamik im Team. Wünsche wie diese kommen häufig von jungen Menschen der Generation Z, also Jungen im Alter zwischen 19 und 26 Jahren, bei der Frage nach ihrer idealen Arbeitssituation. Dass sie vor allem auf die Umgangsformen im Job so viel Wert legen, könnte an dem körperlichen Wohlbefinden und der erlebten Motivation liegen, die sich durch Dankbarkeit bessern.

Zu diesem Schluss kam erst kürzlich eine Forschergruppe an der Rady School of Management der University of California in San Diego, USA. Sie untersuchte die Reaktionen des Herz-Kreislauf-Systems auf wichtige Aufgaben im Team. Dabei stellte sich für die Psychologen heraus: Lob und Dankbarkeit einer Kollegin gegenüber einer anderen reduzieren negative körperliche Stressfaktoren. Teammitglieder können sich somit einem gemeinsamen Arbeitsauftrag als positiver Herausforderung widmen, anstatt sie als Bedrohung wahrzunehmen.

Viele Studien aus der Psychologie ergaben bereits, dass Dankbarkeit und Lob Stress reduzieren, mehr Wohlbefinden fördern und zu angenehmeren Beziehungen führen. In einer Studie mit finnischen Lehrerinnen und Lehrern fanden Forschende heraus, dass Mitarbeitende das Verhalten ihrer Führungskräfte beeinflussen können, indem sie diesen Lob aussprechen. In einer anderen Untersuchung wollten Forscher wissen, was genau Mitarbeiter zu Bestleistungen motiviert. Ihr Ergebnis: Chefs sollten ihren Teammitgliedern erst Aufgaben nahelegen und sie anschließend loben. So würde ihre Arbeit am wirksamsten werden.

Kreislauf wird angekurbelt

Die Psychologengruppe der University of California fokussierte sich vor allem auf körperliche Reaktionen von Dankbarkeit. Während Stressbelastung Herz-Kreislauf-Erkrankungen eher fördert und das Immunsystem schwächt, fanden die Studienautoren in Kalifornien heraus, dass bereits ein- bis zweiminütige Danksagungen von Kollegen zu einer leistungsorientierten, motivierteren Reaktion des Körpers und des Geistes führten.

200 Studierende nahmen an dem Experiment teil, die in Teams eingeteilt sechs Minuten Zeit hatten, um ein Konzept für Produkt und Marketing eines Fahrrades zu entwerfen. Das Gewinnerteam sollte 200 US-Dollar bekommen. Dazu trugen sie Elektroden am Hals und Oberkörper, damit die Forschenden ihre körperlichen Reaktionen aufzeichnen konnten.

Nach dem Zufallsprinzip wählten sie aus, welche Teams sich gegenseitig Dank aussprechen sollten. Während der Zusammenarbeit zeigten die Personen körperliche Reaktionen wie im Falle von Bedrohungen: Ihr Blutfluss verringerte sich, und ihre Gefäße verengten sich. Auf eine Arbeitsaufgabe wie auf eine Bedrohung würden laut den Forschern Menschen reagieren, wenn sie sich nicht fähig genug fühlen würden und ihrer Einschätzung nach mehr gefordert würde, als sie schaffen könnten. Ein kurzes wertschätzendes Feedback hingegen könnte eine starke Wende im Körper verursachen.

Die Studie zeigte: Wenn sich die Teammitglieder gegenseitig Dankbarkeit aussprachen, waren die Bedrohungssymptome nicht mehr wahrnehmbar. Die Beteiligten zeigten positive körperliche Reaktionen, ähnlich wie bei Motivation angesichts einer Herausforderung. Die Gefäße weiteten sich, der Blutfluss erhöhte sich, das Herz pumpte stark, und somit gelangte mehr Sauerstoff in das Gehirn. Ihre Leistung und Aufmerksamkeit steigerten sich also. Lob und Dankbarkeitsbekundungen im Arbeitsumfeld könnten der Schlüssel zur Bewältigung unserer täglichen Stressreaktionen sein, erklärte Co-Autor der Studie Christopher Oveis.

Dabei hätten sowohl der Danksagende als auch die Person, die das Lob erhält, den positiven körperlichen Stress gespürt. So ergab sich für Oveis: Lob kann sich bei anstrengenden Aufgaben positiv auf das Herz-Kreislauf-System auswirken und die Leistung fördern, anstatt sie zu behindern. Auch Beziehungen am Arbeitsplatz könne man stärken, sagt der Forscher. Wie sich in der Studie zeigt, gehen die Forscher hier auf Zweierteams ein, nicht aber auf Teams mit mehreren Personen.

Lob für Einzelne, Tadel für andere

Auswirkungen von Lob und Dank in der Arbeit hat auch die Arbeits- und Organisationspsychologin Simone Kauffeld in Deutschland untersucht. In einer Meetingforschung nahm sie echte Besprechungen in Organisationen, in denen sechs bis sieben Mitarbeitende zusammensaßen, auf. Sie beobachtete, dass Lob gegenüber einzelnen Teammitgliedern nicht direkt zu Erfolg oder Zufriedenheit führte. Dies interpretierte sie damit, dass das Lob für Einzelne für andere als Tadel verstanden wird.

Simone Kauffeld, Arbeits- und Organisationspsychologin an der Technischen Universität Braunschweig, untersucht in eigenen Studien, wie Zufriedenheit und Erfolg im Job entstehen.
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Wenn ich einem in der Gruppe Lob ausspreche, könnten sich alle anderen im Team fragen, warum sie denn nicht gelobt werden. "Es ist immer etwas schwierig, die individuelle Leistung in der Gruppe hervorzuheben", erklärt Kauffeld. Im Zweiergespräch, wie es in der Studie in Kalifornien probiert wurde, sei es hingegen hilfreich. "Auch in der Gruppe kann man gut Dankbarkeit ausdrücken, aber dann sollte man alle Personen im Blick haben", sagt die Psychologin. Ebenfalls wichtig, sagt Kauffeld, ist, Mitarbeiterinnen nicht zu über- oder unterfordern und Aufgaben, soweit es geht, je nach Kompetenz zu vergeben.

Vorschläge zur Verbesserung im Team

Vor allem Arbeitsüberlastung und Zeitdruck, aber auch fehlende Wertschätzung und Lob gelten außerdem als Auslöser für Burnout, also das psychische "Ausgebranntsein" aufgrund von zu viel und zu intensiver Arbeit. Als Lösungsansätze werden auch hier von Experten häufig genannt, ein aushaltbares Arbeitspensum zu schaffen, Belohnung und Anerkennung zu pflegen und Gemeinschaftssinn herzustellen. In der Realität ist es aber auch nicht möglich, nur Lob und Danksagungen an jeden Mitarbeiter zu senden.

Das sei auch gut so, meint Kauffeld. Vor allem Führungskräfte müssten darauf achten, ihre Teams und Mitarbeiterinnen weiterzuentwickeln, ihnen Verbesserungsvorschläge zu geben und Anregungen zu schaffen, wie es im Team weitergehen kann. Wer nur gelobt werde, würde irgendwann feststecken und nichts Neues dazulernen. Erfolgreich sei eine Sitzung außerdem auch, wenn sich die Teilnehmer auf Lösungswege konzentrieren würden. (Melanie Raidl, 16.11.2022)