Schwimmt sie oder schwimmt sie nicht, das ist hier die Frage.

Mark Buckawicki / Wikimedia, gemenfrei

Es gibt große ungelöste wissenschaftliche Fragen und nicht ganz so große, die ebenfalls einer Lösung harren. Sind diese Fragen skurriler Natur, dann können sich Forscherinnen und Forscher, die das Problem lösen, Hoffnungen auf den Ig-Nobelpreis machen, der alljährlich bei einer recht durchgeknallten Festveranstaltung an der Harvard University verliehen wird.

Vergeben wird der Spottpreis von der Redaktion der "Annals of Improbable Research", die auf ihrer Seite regelmäßig Beispiele für solche Forschungen vorstellt. Der Chefredakteur des Journals, der studierte Mathematiker Marc Abrahams, wird demnächst ebenfalls mit einem Preis ausgezeichnet: Am 24. November erhält er den Heinz Oberhummer Award 2022 für besondere Leistungen in der Wissenschaftskommunikation – verliehen bei einer Show der Science Busters im Stadtsaal in Wien.

Noch unbemerkt von Abrahams und den "Annals of Improbable Research" katapultierten sich kürzlich Fachleute um Syed Mohammed Musheer Aalam (Mayo Clinic in Rochester, USA) in eine Favoritenposition für den Ig-Nobelpreis 2023, und zwar in der Kategorie Gastroenterologie: Sie konnten nämlich das große Rätsel lösen, was (neben der Schwerkraft und der relativen Dichte) die eigentliche Ursache dafür ist, dass manche Fäkalien von Mäusen im Wasser schwimmen, andere aber wie ein Stein untergehen.

Flatus versus Fat

Die bisherige Referenzarbeit zu dem Thema ist genau 50 Jahre alt und erschien unter dem griffigen Titel "Floating Stools — Flatus versus Fat" im angesehenen "New England Journal of Medicine". Verfasst wurde die Studie vom Gastroenterologen Michael Levitt mit William Duane. Der hatte über schwimmenden Stuhl berichtet, von dem damals nicht so klar war, wie häufig er auftritt und ob er auf ein Gesundheitsrisiko hindeutet. Ihre Vermutung: Fetthaltiger Stuhl dürfte eher im Wasser schwimmen als Fäkalien mit geringerem Fettgehalt.

Zur Überprüfung wurden die Fäkalien von 33 gesunden Personen (neun mit schwimmendem Stuhl, 24 mit sinkendem Stuhl; sechs mit fetthaltigem Stuhl) untersucht. Dabei konnten die beteiligten Fachleute feststellen, dass alle "Schwimmer" sanken, wenn die Kacke komprimiert wurde und Gase entweichen konnten – was die Ausgangshypothese widerlegte: "Schwimmender Stuhl sollte nicht als Zeichen einer Steatorrhoe (erhöhter Fettgehalt im Stuhl, Anm.) angesehen werden", so die damalige Konklusio.

Fehlende wissenschaftliche Erhärtung

Die Ausgangsfrage wurde dadurch freilich nicht ganz beantwortet, nämlich die nach den Ursachen für geringe Stuhldichte. Das Forscherduo vermutete damals, die Darmflora und die Neigung zur Flatulenz seien der Auslöser: Zwei Proben schwimmenden Stuhls wiesen sehr hohe Methangehalte auf, die bei der unzureichenden Verdauung bestimmter kohlenhydratreicher Nahrung entstanden sein könnten.

Ähnliche Angaben finden sich auch auf erstaunlich vielen Webseiten, die sich mit der Stuhlkonsistenz befassen: So würden schwimmende Fäkalien vor allem von jenen Personen stammen, die unter bestimmten Intoleranzen (Laktose, Fruktose etc.) leiden und deshalb besonders viele Gase in ihrem Gedärm produzieren. Eine wissenschaftliche Erhärtung dieser Behauptung durch Quellenangaben fehlt aber durchgängig.

Zufallsentdeckung bei Mäusen

Eine vorläufige experimentelle Klärung der Frage liefert nun das Team Syed Mohammed Musheer Aalam, das durch eine Zufallsbeobachtung bei Mäusen, bei denen rund 50 Prozent des Köttels schwimmen, auf das Problem stieß: Den Fachleuten, die an Labormäusen mit einem unbesiedelten Darmsystem forschten, fiel nämlich auf, dass der Kot von keimfreien Mäusen sehr viel mehr zum Sinken tendierte als gewöhnlich, was die Vermutung bestätigte, dass Darmbakterien mit der Entstehung von schwimmender Kacke ursächlich verbunden sind.

Für weitere Experimente entnahm das Team Darmbakterien von gesunden Mäusen und setzte sie den keimfreien Mäusen ein. Tatsächlich begann nun auch ihr Kot zu schwimmen, schreibt das Autorenteam in der treffend betitelten Studie "Genesis of fecal floatation is causally linked to gut microbial colonization in mice", die im Fachblatt "Scientific Reports" erschienen ist.

Bakterien, die Gase produzieren

Zwar beziehen sich die Forscherinnen und Forscher in erster Linie auf Mäuse und betonen, dass noch weitere Untersuchungen nötig seien, um festzustellen, welche Darmbakterien das Schweben verursachen. Dennoch nennen sie einige Bakterienarten, die für die schwebenden Exkremente sorgen dürften. Konkret im Verdacht stehen zwei gramnegative, obligat anaerobe und nicht sporenbildenden Stäbchenbakterienarten: einerseits Bacteroides ovatus, die häufig Ursache für Blähungen und anale Gasentleerung sind, und andererseits Bacteroides fragilis, die im Darm Wasserstoff produzieren. (Klaus Taschwer, 17.9.2022)